Macht die Stadt kranke Menschen?

■ Die gesundheitlichen Auswirkungen des Stadtlebens werden untersucht / Hauptfeind Auto

werden untersucht / Hauptfeind Auto

Nachdem die wissenschaftliche Konferenz über Stadt und Gesundheit zuende ist, würde Dittmar Machule die Frage anders stellen. „Machen Kranke die Stadt?“ müßte es heißen, so der Stadtplaner von der Technischen Universität Harburg, der die Konferenz vom 28. bis 31.Oktober organisierte. Soziologen, Historiker, Architekten und Ingenieure haben auf der Tagung das Stadtleben von allen Seiten beleuchtet und festgestellt, daß da noch viel zu verbessern und umzudenken ist. Das Spektrum ihrer Themen reichte von der Wasserversorgung in der Antike über die Unruhen in Los Angeles bis zu Altern in der Stadt heute.

„Das Auto sticht hervor unter den Dingen, die in der Stadt krank machen“, sagte der Ingenieur Helmut Holzapfel. Aber davon, wie krank uns das Auto macht, wollten die meisten Menschen nichts wissen, so der Professor von der Gesamthochschule Kassel: „Sie verdrängen die negativen Wirkungen des motorisierten Verkehrs.“

Als wichtigsten Beweis für die hohe Gesundheitsgefährdung des automobilen Verkehrs nennt Holzapfel das hohe Todesrisiko. Der Verkehr verursacht mehr Todesfälle als Unfälle im Haus, bei der Arbeit oder in der Freizeit.

Welche Auswirkungen der Autoverkehr auf die Lebenswelt von Kindern hat, sei zwar noch nicht wissenschaftlich untersucht, so der Ingenieur. Aber die Folgen für die Kinder seien wohl drastischer als die von neuen Schulsystemen.

Das ist durchaus vorstellbar, wenn man bedenkt, daß heute in vielen Familien die lieben Kleinen - allein schon um sie vor den Gefahren des Straßenverkehrs zu schützen - grundsätzlich mit dem Auto überallhin gefahren werden.

Auch in puncto Lärm sind die gesundheitlichen Auswirkungen des Autoverkehrs kaum erforscht. Holzapfel greift auf eine Untersuchung in der ehemaligen DDR zurück. In Erfurt gingen nach einer

1Straßensperrung in der stillen, gesperrten Straße die Bluthochdruckerkrankungen zurück, während sie dort zunahmen, wo die Umleitung verlief. Erschreckend auch, was in den USA mit Hilfe einer gestellten „hilflosen Person“ am Straßenrand zu Tage kam. Je lauter es war,

1desto seltener wurde ihr geholfen. Holzapfel will das in Deutschland auch ausprobieren, allerdings weniger dramatisch: „Ich versuch's mal mit Geldwechseln“. Wahrscheinlich klappt „Ha'm Se mal ne Mark“ besser, wenn nicht der Verkehrslärm an den Nerven zerrt. Vera Stadie