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Vorschlag

■ Janusz-Korczak- Gedenktage an der HdK Berlin

„Äußere Ordnung, dem Anschein nach gutes Benehmen, Disziplin, die sich sehen lassen kann – dazu bedarf es nur einer harten Hand und zahlreicher Verbote. Und die Kinder sind immer Märtyrer der Besorgnis um ihr angebliches Wohlergehen; das schlimmste Unrecht hat hier seinen Ursprung.“ Auf der Grundlage dieser Einsicht formulierte der Reformpädagoge und Kinderarzt Janusz Korczak seine „Magna Libertatis“ für das Kind. In seiner Schrift „Wie man ein Kind lieben soll“ ist sie als das Recht des Kindes auf seinen Tod, das Recht des Kindes auf seinen heutigen Tag und das Recht des Kindes, so zu sein, wie es ist, festgehalten.

An Janusz Korczak erinnert eine Veranstaltungsreihe des Fachbereichs 10, Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften der Hochschule der Künste, die heute abend in der Konzerthalle, Bundesallee 1–12 eröffnet wird. Mit Vorträgen, Filmen, Lesungen und einer Ausstellung wird der polnisch-jüdische Schriftsteller und Pädagoge gewürdigt, der am 5. August 1942 zusammen mit den Kindern des von ihm geleiteten Warschauer jüdischen Waisenhauses in Treblinka ermordet wurde.

In Zeiten, in denen randalierende Jugendliche und beifallspendende Erwachsene, über die die Vermutung geäußert werden darf, daß auch sie vor allem auf Anpassung und äußerliche Ordnung hin erzogen wurden, das politische Meinungsklima in Deutschland massiv zu beeinflussen suchen, nationalistische Ideen predigen, antisemitische Ressentiments schüren und schon wieder Ausgrenzung und Verfolgung von Fremden betreiben, soll damit eine Aktualisierung von Korczaks originären pädagogischen Gedanken und seiner vorbildlichen Praxis geleistet werden. Dazu tragen vor allem die Berichte von Zeitzeugen bei. Leon Harari, Israel, wird bei der heutigen Eröffnungsveranstaltung über seine Begegnung und Zusammenarbeit mit Janusz Korczak berichten, die 1926 begann, als er als 13jähriger Redakteur bei Korczaks Kinderzeitschrift Kleine Rundschau arbeitete. Im Anschluß an die Veranstaltung findet ein Rundgang durch die Begleitausstellung statt, die Korczaks Leben und Werk anhand von Photos kommentiert, sowie eine Dokumentation der Exkursion von HdK-Studenten zum Treffen der Internationalen Korczak Gesellschaft in Warschau und Treblinka im August dieses Jahres. Neben Vorträgen wie Professor Schonigs Referat „Die Kinderbande – wie Janusz Korczak und Erich Kästner die Selbstorganisation von Kindern darstellen“ am Dienstag abend im HdK-Gebäude zeigt die Filmbühne am Steinplatz am Mittwoch um 16 Uhr Andrzej Wajdas Film „Korczak“, der bei seinem Filmstart in Frankreich 1990 zu kontroversen Diskussionen führte. Wajda wurde eine antisemitische Haltung vorgeworfen, weil er den Tod Korczaks, der mit seinen Schützlingen in den Gaskammern von Treblinka umkam, nicht zeigte. Der Waggon der Kinder wird im Film von unsichtbarer Hand abgekoppelt, die Kinder öffnen die Tür und laufen über eine nebelbedeckte Wiese der aufgehenden Sonne entgegen. Wbg

Eröffnungsveranstaltung: Heute um 19 Uhr im Konzertsaal der HdK, Janusz-Korczak-Gedenktage vom 2. bis 7. November 1992 – 50 Jahre nach seinem Tod im KZ Treblinka; in der Hochschule der Künste, Bundesallee 1–12, weitere Informationen bei der Pressestelle, Frau Verena Tafel, Tel. 3185-2450/56

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