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Ein kleiner, feiner Staatsrundfunk

■ Ministerpräsidenten der Länder beschlossen neues bundesweites Hörfunkprogramm/ Start 1994 geplant

Berlin (taz) – Nach mehr als zweijährigem zähem Machtkampf und scheuklappiger Standortpolitik ist das neue Nationalradio nun zumindest auf dem Papier etabliert. Es soll aus dem Kölner Deutschlandfunk (DLF) sowie dem Rias und dem Ex-DDR-Sender DS Kultur aus Berlin gebildet werden und – so der fromme Wunsch – der „Integration“ von Ost- und Westdeutschland dienen. Der bundesweite Hörfunk wird zwei werbefreie Programme aus Köln und Berlin ausstrahlen, die beide den Schwerpunkt Information und Kultur haben. So sieht es der Staatsvertrag vor, den die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrem Treffen letzte Woche unterzeichneten. Er muß von den Länderparlamenten abgesegnet werden.

Ein Name für den neuen Sender steht noch nicht fest. Ebenso unklar ist weiterhin, wann das Nationalradio, für das schon mehr als 300 Millionen Mark an Rundfunkgebühren bereitgestellt wurden, endlich arbeitet für sein Geld. Rias-Intendant Helmut Drück sprach gemäßigt optimistisch von einem Starttermin 1994. Fraglich ist auch, ob es genug Frequenzen für eine bundesweite Ausstrahlung beider Programme geben wird. Einige Länder wollen die kostbaren Frequenzen lieber für kommerzielle Sender zurückhalten.

Fest steht dagegen, daß das neue Konstrukt sich nicht so recht in die föderalen und staatsfernen Rundfunkstrukturen der Bundesrepublik einfügt. Zwar soll das Nationalradio seine zwei Programme unter dem Dach der öffentlich- rechtlichen Sender ARD und ZDF produzieren – doch werden die Regierenden in Bund und Land im Hörfunk- und Verwaltungsrat mehrheitlich das Sagen haben: ein kleiner, aber feiner Staatsfunk. Von den 40 Mitgliedern des Hörfunkrates, der den Intendanten wählt und ihn in Programmfragen berät, werden 19 Vertreter der Länder und des Bundes sein. Sie sollen jedoch nicht von den Parlamenten gewählt, sondern von den Regierungen ernannt werden. Damit ist garantiert, daß gesellschaftlich relevante Gruppen kaum vertreten sind. Eine geschlechtliche Quotierung des Hörfunkrats war auch nicht drin. Statt dessen findet sich im Staatsvertrag eine ganz absurde Regelung: Bei einer Abberufung der Hörfunkratsmitglieder, die von den Verbänden gestellt werden, müsse das „jeweils andere Geschlecht“ zum Zuge kommen. Im Verwaltungsrat, der den Intendanten überwacht, stellen Bund und Länder die Hälfte der acht Mitglieder; ARD und ZDF entsenden je zwei Verwaltungsräte.

Staatsdominiert ist auch der sogenannte Gründungsbeirat, der das Nationalradio aufbauen und vermutlich die Hälfte der jetzt noch 1.700 MitarbeiterInnen von DS Kultur, Rias und Deutschlandfunk abbauen soll. In dem 17köpfigen Gremium sitzen vier Vertreter von ARD und ZDF, je ein Vertreter der drei zusammenschließenden Sender, der Bund schickt vier, die Länder sechs.

Zu heftigen Kontroversen kam es bereits bei der ersten Sitzung des Gründungsbeirates am 22. Oktober. Den vier Vertretern aus Bonn war die „Dominanz“ von sechs Ländervertretern ein Dorn im Auge. Die Länder boten an, daß zwei ihrer Leute künftig nur „beratend“ dabei sind; welche, ist noch umstritten. Weder in das Leitungsgremium noch in den Vorsitz der Unterausschüsse wurden Vertreter aus Ostdeutschland gewählt. Kotte

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