: Fink: IM „Heiner“ ohne eigenes Wissen?
■ Heinrich Fink wurde unwissentlich als IM abgeschöpft, so Stasi-Führungsoffizier Wolfram Laux im gestrigen Prozeß
Schöneberg. Der erste gehörte Zeuge im Prozeß um die Entlassung Heinrich Finks bestätigte die These des ehemaligen Rektors der Humboldt-Universität: Fink sei ohne sein Wissen als Inoffizieller Mitarbeiter bei der Stasi geführt worden, sagte der frühere Führungsoffizier des IM „Heiner“, Wolfram Laux. Er habe Fink über dritte Personen „abgeschöpft“, ohne ihn jemals persönlich zu Gesicht bekommen zu haben.
Heinrich Fink hatte im April erfolgreich gegen seine Entlassung wegen angeblicher Stasi-Mitarbeit geklagt. Allein Finks Karteikarte „IM Heiner“ reiche als Beweis für dessen Spitzeltätigkeit nicht aus, war die aufsehenerregende Meinung des Arbeitsrichters Bernd Kießling damals. In der gestrigen Berufungsverhandlung, die Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) angestrengt hatte, versuchte das Landesarbeitsgericht von den Stasi-Offizieren herauszubekommen, ob Fink wissentlich Informationen weitergab.
Wolfram Laux, von 1968 bis 1970 Führungsoffizier des IM „Heiner“, sagte, er habe persönlich den sonst üblichen Kontakt zu Fink nicht aufgenommen. „Die Sache ist zu wertvoll gewesen, um sie durch eine mögliche Absage Heinrich Finks zu gefährden“, meinte Laux. Dennoch sei Heinrich Fink 1969 als IM „Heiner“ registriert worden, was den Richter Bernd Preis zur Schöpfung einer neuen IM-Kategorie veranlaßte: „Irregulärer inoffizieller Mitarbeiter“.
An dem Theologen Fink hätten die Stasi seine guten internationalen Kontakte interessiert und seine an Karl Barth orientierte theologische Haltung, man solle dort als Christ wirken, wo man zu Hause sei: also in der DDR. Die Informationen der Quelle „Heiner“ seien stets über dritte Personen eingeholt worden, sagte der damalige Stasi-Leutnant Laux aus. So etwa von seiner Sekretärin, die als „Lissy Schreiber“ einen Teil der Finkschen Korrespondenz an die Stasi per Durchschlag weitergereicht habe. Viele Informationen seien der Stasi über offizielle Gesprächspartner Finks zugetragen worden, zum Beispiel über den Staatssekretär für Kirchenfragen und die entsprechende ZK-Abteilung. Sie seien aber dann unter IM „Heiner“ verbucht worden, wie es Richter Preis formulierte.
Eine Mitschrift Laux' etwa, die detaillierte Aussagen Finks über eine Prager Konferenz im Jahr 1968 und eine Reihe sehr persönlicher Auskünfte enthielt, stamme von einem Dr. Wilke aus dem Staatssekretariat. Wilke habe sich – auf Wunsch der Stasi – mit Fink unterhalten und anschließend seine Kenntnisse an Wolfram Laux und dessen Vorgesetzten Klaus Roßberg weitergegeben. Laux notierte sie unter „Gespräch mit Fink“. Laux blieb der einzige aussagende Stasi-Offizier. Seine Vernehmung war so langwierig, daß Joachim Wiegand unverrichteter Dinge wieder gehen konnte. Ein anderer ist für zwei Wochen in Rußland: Klaus Roßberg, der Brandenburgs Manfred Stolpe jüngst schwer belastete. Christian Füller
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