: Weihnachtsgeld und Urlaub
■ Karlsruher SC – Eintracht Frankfurt 4:1 (1:1)/ Die Eintracht-Spieler sind sauer auf ihren Trainer Stepanovic
Berlin (taz/dpa) – „Zuviel Harmonie schadet uns nur“, hatte Dragoslaw Stepanovic, Trainer von Eintracht Frankfurt, während der letzten Saison scharfsichtig erkannt. Nun ist es ihm offenbar zu ruhig geworden. Andy Möller ist mittlerweile der Musterbub von Turin, Uli Stein beleidigt bloß noch gegnerische Torhüter, Vizepräsident Hölzenbein streitet sich allenfalls mit dem Ex-Kollegen Grabowski, vom Präsidenten hört man gar nichts mehr, und die Jahreshauptversammlung ging vorüber, ohne daß ein einziger Redner zu Boden geschlagen wurde. Bei so viel eitel Sonnenschein mußte wohl oder übel Stepi selbst die Rolle des Stänkerers übernehmen.
Beim Spiel gegen den Karlsruher SC setzte er seinen Choleriker mit Nationalmannschaftsambitionen Axel Kruse erstmal auf die Bank, weil der „seit fünf, sechs Spielen nicht mehr vernünftig spielt“. Und falls das nicht reichen sollte, zog er in einem Interview gleich über die ganze Mannschaft her. Feige und müde seien die Spieler und würden nur an Weihnachtsgeld und Urlaub denken. „Habe ich so nie gesagt“, dementierte Stepanovic, doch da war es schon zu spät. Torwart-Mimose Uli Stein hatte bereits einen klandestinen Mannschaftsrat einberufen und tobte in die Kameras: „Das ist eine bodenlose Frechheit, sowas über uns zu sagen.“
Nach Eintracht-Logik hätte diesen innerbetrieblichen Eruptionen eigentlich eine Glanzleistung auf dem Karlsruher Rasen folgen müssen, doch dem war nicht so. Eine Viertelstunde lang schaute sich der KSC das muntere Treiben der Hessen an, bescherte ihnen durch ein Eigentor von Nowotny in der zehnten Minute höflicherweise sogar die Führung, doch dann war Schluß mit den Geschenken. Während bei den Frankfurtern nur noch Okocha einige Glanzlichter setzen konnte, steigerten sich die Karlsruher langsam in einen wahren Spielrausch, am Ende hieß es 4:1.
„Jetzt sind wir vorn dabei, und da wollen wir auch bleiben“, freute sich Krieg darüber, daß der KSC unverhofft auf den dritten Tabellenplatz vorgerückt war. „Ein Feuerwerk“, strahlte Trainer Winnie Schäfer. Die Frankfurter hingegen fielen auf Rang vier zurück. Vielleicht zündet das vom Trainer entfachte Pulver ja erst morgen beim Europacupspiel in Istanbul. Matti
Eintracht Frankfurt: Stein - Binz - Roth, Bindewald - Penksa (68. Rahn), Bommer, Okocha, Klein Reis - Yeboah, Schmitt (68. Kruse)
Zuschauer: 33.000; Tore: 0:1 Nowotny (10./Eigentor), 1:1 Kirjakow (29.), 2:1 Krieg (63.), 3:1 Bender (67.), 4:1 Bender (90./Foulelfmeter)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen