■ Mit Frauenarbeit auf du und du
: Einheit der Nachteile

Berlin (taz) – Ein Großteil der Arbeit des Statistischen Bundesamts besteht im Ordnen von Daten und Fakten zu praktisch-griffigen Kategorien. „Frauen gehören zu den sogenannten Problemgruppen des Arbeitsmarktes“, fassen die Statistiker ihre neueste Datensammlung über berufstätige Frauen zusammen. 6,4 Prozent im Westen und 13,6 Prozent im Osten suchten im April 1991 vergeblich nach einem Job. Zum Vergleich: im alten Bundesgebiet gingen zum gleichen Zeitpunkt 4,6 Prozent der Männer und in den neuen Bundesländern 8,7 Prozent stempeln.

Zwar hinken die DatensammlerInnen mit ihren Auswertungen etwa eineinhalb Jahre hinter der tatsächlichen Situation hinterher. „Wir schaffen es einfach nicht schneller“, so eine Mitarbeiterin kürzlich in Berlin. An der Tendenz aber hat sich seit dem Mikrozensus vom April 1991 nichts geändert.

Weil Frauen als Problemfälle gelten, können es sich ArbeitgeberInnen auch leisten, ihnen wesentlich geringere Löhne zu zahlen. So verdiente ein durchschnittlicher Westmann im Einzelhandel 3.927 Mark brutto. Seine Kolleginnen mußten sich mit 2.693 Mark zufrieden geben. Auch im Osten nichts anderes – nur auf niedrigerem Niveau: Männer bekamen vor Abzug der Steuern 1.754 Mark, Frauen durchschnittlich 183 Mark weniger. Über 51 Prozent der erwerbstätigen Ostfrauen mußten im April 1991 mit weniger als 1.000 Mark auskommen; Männer traf dieses Schicksal hingegen „nur“ zu 27 Prozent.

Während im Osten 72 Prozent der erwerbslosen Frauen ihren Arbeitsplatz durch Kündigung verloren, bekamen im früheren Bundesgebiet nur 27 Prozent einen blauen Brief vom Arbeitgeber. Eine mehr oder weniger freiwillige Pause spielt hier eine wesentlich größere Rolle als in den neuen Bundesländern, wo kaum eine Frau aus Sehnsucht nach Heim und Herd ihre Arbeit aufgegeben hatte.

Aber auch bei den Frauen, die in Lohn und Brot stehen, gibt es gravierende Unterschiede: während jede fünfte Berufstätige im Westen ihren Lebensunterhalt als Bürofachkraft verdient, sind es im Osten lediglich 14 Prozent. Hinterm Verkaufstresen stehen deutschlandweit etwa neun Prozent der weiblichen Arbeitskräfte. Die Kategorie der „Raum- und Hausratreinigerinnen“, mit 4,3 Prozent im Westen immerhin an dritter Stelle, taucht in der Statistik des Ostens gar nicht auf. Dafür arbeiten mehr als zwei Prozent in technischen Berufen.

Immer mehr Frauen machen aus der Not eine Tugend und verselbständigen sich: im Westen wurde im April 1991 jedes vierte Geschäft von einer Frau geführt. Im Osten sitzt auf jedem dritten Chefsessel eine Frau. Annette Jensen