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Deutschlands Bahnen fahren in die Pleite

■ Schuldenberg wächst auf 60 Milliarden

Frankfurt/Main (dpa/vwd) – Die finanzielle Talfahrt der deutschen Eisenbahnen wird immer rasanter: Angesichts der schleppenden Wirtschaftsentwicklung und des rückläufigen Frachtaufkommens werden die Verluste von Bundesbahn und Reichsbahn bis zum Jahresende auf 14 Milliarden Mark ansteigen. Gleichzeitig wächst der Schuldenberg der Bahnen bis Ende 1992 auf fast 60 Milliarden Mark. Zu diesem Ergebnis kommt der Vorstandsvorsitzende Heinz Dürr in einer Situationsanalyse der Bundesunternehmen.

Damit steigt der Verlust der beiden Bahnen innerhalb eines Jahres um rund die Hälfte; 1991 hatte er noch bei 9,6 Milliarden Mark gelegen. Davon entfielen 5,3 Milliarden auf die Bundesbahn und 4,3 Milliarden Mark auf die Reichsbahn.

Mit dieser zunächst unerwarteten Fahrt in die Verlustzone sind sämtliche Wirtschaftspläne überholt. Ohne eine dramatische Änderung wird das Eigenkapital der Bundesbahn (15 Milliarden Mark) spätestens 1994, das der Reichsbahn (13 Milliarden) ein Jahr später aufgezehrt sein, lautet das Fazit von Dürr. Nach normaler handelsrechtlicher Bewertung habe die Bundesbahn bereits heute ein „negatives Eigenkapital“ von 50 Milliarden, die Reichsbahn von 26 Milliarden Mark.

Die immer schärfer werdende Konkurrenz des Straßentransports hält derweil weitere Hiobsbotschaften parat. Angeblich wird bei Volkswagen überlegt, den Neuwagentransport zu den Händlern vollständig von der Bahn auf die Straße zu verlagern. Der VW-Vorstand hat der Bahnspitze signalisiert, die Brummi-Spediteure seien mindestens zehn Prozent billiger.

Für dringend notwendig hält Dürr eine Entlastung von den finanziellen Altschulden. Der Bahn- Chef setzt weiter auf die Privatisierung: Die Bahn müsse von überhöhten Personalverbindlichkeiten, den Altlasten der Reichsbahn und den Fesseln des öffentlichen Dienstes sowie des Haushaltsrechts befreit werden.

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