piwik no script img

Zaungäste

■ 1963: Der verängstigte Jahrgang

Die Medienredaktion bekennt: Wir sind die XY-Generation. Eduard Zimmermann ist an allem schuld. Er hat zu verantworten, daß wir mit der irrigen Meinung aufwuchsen, Fernsehen könne man nur unter einem Sessel.

Zuschauer Hans-Hermann Kotte (damals 6): „Nach so einer Sendung ging ich natürlich davon aus, daß das internationale Verbrechen – vorwiegend aus Wien, Zürich und München stammend – nun das Einfamilienhaus belagerte. Ich rechnete nach, wann die Schurken hier sein könnten. Da draußen mußten sie sein. Deshalb schlief ich an solchen Freitagen nur auf der Ritze des elterlichen Ehebettes ein.“ Zuschauerin Sabine Jaspers (damals 6) berichtet: „Ich hatte schon vorher Angst, aber ich wollte es immer wieder sehen. Wenn Erschreckendes wie der ,Kommissar‘ im Fernsehen kam, trösteten mich meine Eltern mit den Worten: ,Das ist doch alles erfunden.‘ Wie sollte ich auf ,Aktenzeichen XY‘ reagieren? Es war alles wirklich wahr! Als ich einmal bei einem Waldspaziergang einen Gummistiefel aus einem Laubhaufen hervorlugen sah, lief ich schreiend davon.“

Was ist schon Freddy Krüger, verglichen mit einem dieser kaltblütigen Wachtmeister aus Winsen an der Luhe, die bei Ede die Aktenlage vortrugen? Erst in der Pubertät wurde uns klar: Die XY- Protagonisten sind noch spießiger als alle echten Erziehungsberechtigten. Angesichts zunehmender Hautunreinheiten hatte Eduard Zimmermann seinen Schrecken verloren. saja/kotte

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen