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„Die Messen für Böck sind gesungen“

■ Thüringens CDU-Chef ist überfällig

Erfurt (dpa/taz) – Willibald Böck ist am Ende seiner Karriere. Nach seinem Rücktritt als Thüringer Innenminister scheint er nun auch den CDU-Landesvorsitz aufgeben zu wollen. „Am Freitag abend sind die Messen für Böck gesungen“, hieß es gestern in Erfurter CDU-Kreisen. Dann wird der CDU-Landesvorstand getagt haben. Am Donnerstag kamen zwei CDU-Minister aus der Deckung. Justiz-Ressortchef Hans-Joachim Jentsch, in der Landespartei ohne Ambitionen auf Posten, forderte eine Integrationsfigur an der Parteispitze und nannte sie auch gleich: Bernhard Vogel, den Ministerpräsidenten. Europaministerin Christine Lieberknecht sprach sich erneut für Böcks Rückzug von der Parteispitze aus.

Gestern mauerte die Erfurter CDU-Zentrale noch, und noch sträubte sich Böck in offiziellen Interviews gegen einen Rückzug. Doch als Böcks Bedingung für einen Rückzug wurde bereits gehandelt, daß der 45jährige dann auf eine Kandidatur verzichten wolle, wenn mit ihm der gesamte Landesvorstand auf einem vorgezogenen Parteitag neu gewählt werde. Das könnte nicht nur das Aus für Böck bedeuten: Durch diverse Thüringer Skandale und Affärchen stehen mittlerweile mehrere Vorstandsmitglieder unter Beschuß.

Mit Willibald Böck zöge sich ein weiterer Vertreter der CDU- „Blockflöten“ zurück, der bereits zu DDR-Zeiten für seine SED- treue Partei Mandate trug. Einheimische Böck-Nachfolger sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Sicht.

So scheint alles auf Regierungschef Bernhard Vogel zuzulaufen. Obwohl der 59jährige bei seinem Dienstantritt in Thüringen im Februar noch die Personalunion ausschloß, gibt es kaum andere, die den zerstrittenen CDU-Landesverband zusammenführen könnten. Die Doppelfunktion kennt Vogel bereits aus seiner Amtszeit in Rheinland-Pfalz. Vier Jahre nach dem Verlust des CDU-Landesvorsitzes und dem damaligen Rücktritt als Regierungschef Ende 1988 wiederholt Vogel seine Vergangenheit in Thüringens Zukunft.

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