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Seegroßmacht Luxemburg vorerst gestoppt

■ Hamburger "Olau"-Line wollte Fähren ausflaggen / Gewerkschaft verhindert handstreichartige Einführung der Billigflagge

wollte Fähren ausflaggen / Gewerkschaft verhindert handstreichartige Einführung der Billigflagge

Die Beschäftigten erfuhren es am 2. November aus dem „Täglichen Hafenbericht“: Ihr Arbeitsplatz, die beiden Kanalfähren „Olau Hollandia“ und „Olau Britannia“ der Hamburger Reederei Olau-Line sollten künftig unter der Billigflagge des Großherzogtums Luxemburg fahren. Einen Tag später wurden sie von der Geschäftsführung offiziell informiert.

Doch der geplante Coup mißlang, die Arbeitnehmer waren gewarnt. Zur Unterzeichnung der von der Reederei vorbereiteten „Zusatzverträge“ durch die 600 Beschäftigten aus 15 Nationen ist es bis jetzt nicht gekommen. Der Seebetriebsrat der Olau-Line geht davon aus, daß es sich dabei um nichts anderes als Aufhebungsvereinbarungen der bisherigen Arbeitsverträge und eine gleichzeitige Neueinstellung bei der anscheinend nur zur Übernahme der Schiffe gegründeten luxemburgischen Firma „SCI Shipping and Catering International S.A.“ handelt — bei einer Reduzierung der Bruttoheuer um zehn Prozent.

„Sofort nach Bekanntwerden der Pläne haben wir vor dem Arbeitsgericht auf einstweilige Unterlassung der Umflaggung geklagt“, sagt Betriebsratsvorsitzender Klaus Maseberg. Bis zum 17. November soll ein Interessenausgleich zwischen den Parteien gefunden werden. Gelingt dies nicht, kommt es zum streitigen Verfahren. Darüber hinaus muß das Hamburger Amtsgericht darüber entscheiden, ob eine Umflaggung bei der Olau-Line überhaupt rechtmäßig ist. Denn sie sollte als sogenannte Bareboatcharter erfolgen, mit der nur das nackte Schiff übergeben wird, nicht aber die Mannschaft. Vorteil für das Unternehmen: Da es sich nicht um einen Betriebsübergang handelt, gilt für die Beschäftigten kein besonderer Kündigungsschutz.

Die Nachteile der Arbeitnehmer durch die Umflaggung wären erheblich: Sie fallen unter das luxemburgische Arbeitsrecht und sind damit weniger abgesichert. Sozialversicherungs-Vereinbarungen können von seiten des Arbeitgebers monatlich gekündigt werden. „Außerdem gehen mit der Unterzeichnung des Zusatzvertrages die Firmenzugehörigkeit zur Olau-Line mit allen erworbenen Ansprüchen verloren“, betont Gewerkschaftssekretär Klaus Meyer von der ÖTV.

Die Geschäftsführung der Olau- Line begründet ihre Absichten mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In einer Presse-Information werden die Rezession in Großbritannien und der starke Kursverfall des Pfundes genannt, da die Firma Geld auf dem englischen Kapitalmarkt aufgenommen hat. Zu Vorwürfen der Gewerkschaft, die Umflaggung sollte „handstreichartig“ erfolgen, wollte Pressesprecher Hans-Ulrich Kossel keine Stellung nehmen. Torsten Schubert

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