piwik no script img

Angst vor Wahlbetrug in Kenia

Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 7.Dezember/ Unregelmäßigkeiten könnten landesweite Unruhen auslösen/ Der Westen macht Druck/ Opposition gespalten  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Kenia werde „in einen Abgrund von Chaos“ gestürzt, falls es bei den bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zu Fälschungen und Betrug kommen sollte, warnte am Wochenende der kenianische Erzbischof Manasses Kuria. Die Warnung ist nicht aus der Luft gegriffen: Ende letzter Woche waren 2 Mitglieder der nationalen Wahlkommission mit Äußerungen an die Öffentlichkeit gegangen, die den Verdacht organisierten Wahlbetruges nahelegen. Der niederländische Botschafter in Kenia, Robert Fruin, hat daraufhin öffentlich Zweifel angemeldet, ob die für den 7. Dezember angesetzten Wahlen tatsächlich frei und fair verlaufen werden. Und US- Botschafter Smith Hempstone sagte, Kenia werde es teuer bezahlen, wenn die Wahlen nicht wirklich fair seien. Die westlichen Staaten, die einen Teil ihrer Hilfen eingefroren hatten, würden die Gelder nicht freigeben, wenn der Eindruck bestünde, daß der Ausgang der Wahlen gefälscht sei.

Dabei hat zumindest Präsident Daniel arap Moi durchaus Grund, der Abstimmung zuversichtlich entgegen zu sehen: Noch vor einem Jahr, als die kenianische Regierung widerwillig auf Druck der Geberländer hin das Land per Verfassungsänderung von einem Ein- in ein Mehrparteiensystem umgewandelt hatte, hatten ausländische Beobachter Staatschef Moi und der Regierungspartei KANU eine vernichtende Niederlage bei den Wahlen vorausgesagt. Aber der Opposition, von internen Machtkämpfen und Rivalitäten zerrissen, ist es nicht gelungen, sich auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten zum Staatschef zu einigen.

Die Partei FORD, die als Bewegung für demokratische Reformen begonnen hatte, ist in zwei Flügel gespalten, die jeweils mit einem eigenen Kandidaten antreten. Einen großen Anteil der Stimmen, die nicht für Moi abgegeben werden, dürfte Ex-Minister Mwai Kibaki auf sich vereinigen, der seine eigene „Demokratische Partei“ (DP) gegründet hat. Die bekannte Umweltschützerin Wangari Maathai hat noch zu Beginn der Woche versucht, die gesamte Opposition auf den über 80jährigen Oginga Odinga als einzigen Kandidaten einzuschwören. Aber der FORD- Politiker, der einst Vizepräsident war und nun für das höchste Staatsamt kandidiert, wies den Vorschlag selbst zurück und erklärte, für eine Einigung sei es zu spät. Bis zum Samstag müssen die Präsidentschaftskandidaten bei der nationalen Wahlkommission nominiert sein.

Daniel arap Moi hat also gute Aussichten, im Amt zu bleiben, da die Stimmen seiner Gegner sich auf mehrere Kandidaten verteilen werden. Die Regierungspartei KANU aber wird wohl Parlamentssitze an die Opposition abgeben müssen, vielleicht sogar die Mehrheit verlieren – falls die Wahlen frei und fair verlaufen. Am Wochenende haben gewaltsame Ausschreitungen bei der Nominierung von Bewerbern um einen Sitz im Abgeordnetenhaus und bei anderen politischen Kundgebungen einen Hinweis darauf geliefert, wie nervös und gereizt die Stimmung ist. In der Gegend von Kisili im Westen des Landes wurden gar ein Kandidat der KANU und ein 14jähriger Schüler bei einer Schlägerei getötet. Wahlbetrug oder auch nur ein hinlänglich begründbarer entsprechender Verdacht birgt damit die Gefahr landesweiter Unruhen in sich.

Für Kenia könnte das nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich verheerende Folgen haben: Bereits jetzt sind nach gewalttätigen politischen Auseinandersetzungen und infolge eines Anstiegs der Kriminalität die Buchungen im Tourismusgeschäft drastisch zurückgegangen – Zeitungsberichten zufolge um vierzig Prozent. Tourismus aber ist die wichtigste Einnahmequelle für Devisen, auf die das Land gerade jetzt im Zeichen einer hohen Inflation und eines raschen Verfalls der Währung dringend angewiesen ist. Hinzu kommt, daß traditionelle Geberländer deutlich gemacht haben, daß sie nur dann zu weiteren Mittelzusagen bereit sind, wenn die Wahlen ordnungsgemäß und frei verlaufen.

Die Wirtschaftskrise in Kenia, die durch Dürre, Ernteausfälle und Flüchtlinge aus Nachbarländern noch verschärft wird, läßt das Land unabhängig vom Wahlausgang schwierigen Zeiten entgegengehen. Davon aber ist im Wahlkampf kaum die Rede. Dort geht es fast nur um Personen und fast gar nicht um Inhalte oder Programme.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen