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Der "Blaue Tod" in Altona

■ Ausstellung über die Cholera-Epedemie von 1892 im Altonaer Museum

von 1892 im Altonaer Museum

„Juppheidi, juppheida, Schnaps ist gut für Cholera!“ Den Text kennen wir alle, doch die Hintergründe dieses Spottliedes sind längst vergessen. Tatsächlich wurde im vorigen Jahrhundert geglaubt, Alkohol könne der tödlich verlaufenden Infektionskrankheit entgegenwirken. Doch Tausende mußten wegen des „blauen Todes“ ihr Leben lassen, allein bei der letzten großen Epidemie 1892 kamen über 8000 HamburgerInnen um, Zehntausende erkrankten schwer.

Das Altonaer Museum erinnert an diese epidemische Katastrophe mit einer gestern eröffneten Ausstellung, die bis Ende Februar zu sehen ist. In pädagogisch gut gelungenen Inszenierungen werden schichtspezifische Hygienevorstellungen und der Umgang mit der Seuche nachvollziehbar. Die Lebensbedingungen der armen Bevölkerung und die beengten Wohnverhältnisse sorgten für die schnelle Ausbreitung der Cholera.

Die Seuche hatte nicht nur hygienische Verbesserungen des veralteten Hamburger Wasserversorgungssystems zur Folge. Auch die Wirtschaft erlahmte, sowohl wegen mangelnder Arbeitskräfte als auch wegen der über Hamburg verhängten Quarantäne: Schiffe liefen nicht mehr aus, und die Eisenbahnlinie zwischen Hamburg und Berlin wurde gesperrt. Die Vorwürfe gegen den Hamburger Senat, er habe nicht schnell genug vor der Krankheit gewarnt, bewirkten eine Verwaltungsreform unter Bürgermeister Mönckeberg, bei der die Vorläufer der heutigen Behörden etabliert wurden. Doch geändert am hamburgischen Filz hatte sich nicht viel, der damalige Bürgerschafts- Abgeordnete Gieschen prophezeite: „Ist die Cholera erst vorüber, beginnt auch wieder der alte Schlendrian.“ Annette Bolz

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