: Nachschlag
■ Das Schweizer Trio „Livingart Magic Theater“ im BKA
Tanzend, steppend und jonglierend fegen zwei Kobolde über die Bühne. Ob sie nun Bälle, Gummiarme oder Reisigbesen durch die Luft wirbeln – die Schwerkraft hat gegen das virtuose Duo keine Chance. Macht über das „Livingart Tandem“, die beiden Schweizer Lukas Weiss und Romano Carrara, hat nur ihr zauberkräftiger Meister. Wenn Christoph Borer im wallenden Zaubermantel auftritt, werden die beiden zu dienstbaren Geistern, die unter seinem unnahbaren Blick erbeben.
Ironisch zitiert das „Livingart Magic Theater“ alte Traditionen des Varietés. Natürlich trägt der Magier Zylinder, und natürlich hat er mit Brillantine nicht gespart. Auf seiner Herrscherstirn kringelt sich die schönste Schmalzlocke der Welt. Christoph Borer präsentiert sich als der klassische Typ des dämonischen Verführers, und selbstverständlich hat er keine Schwierigkeiten, Assistentinnen im Publikum zu gewinnen. Mit öligem Charme lädt der Meister sie ein, eine Spielkarte auszuwählen oder eine Taschenuhr auf eine bestimmte Zeit zu stellen, die er dann unfehlbar errät. Alle klassischen Zaubertricks kommen hier noch einmal zur Aufführung: Christoph Borer liest Gedanken, greift scheffelweise Münzen aus der Luft und zaubert Seilenden wieder zusammen. Dem „Livingart Magic Theater“ gelingt es, Kunststücke, die noch aus Cagliostros Repertoire stammen, auf originelle Weise zu präsentieren. So durchsticht das Wurfmesser des Magiers nicht nur die angepeilte Pik Vier, sondern auch die Bauchdecke des Assistenten Romano. Der wird daraufhin zur Marionette und Christoph Borer zum Konzertmeister, der sie – streng nach Partitur – tanzen läßt. Dazu holt er aus seinem Geigenkasten ein handgranatenförmiges rotes Plastikgerät, auf dem er rhythmisch mit einem Holzstock schrappt. Dem rasanten Besen-Ballett des Livingart Tandem folgt wieder ein traditioneller Trick: Keine Jungfrau, sondern Lukas Weiss steigt in eine Tonne – die dann von Besenstielen statt von Schwertern durchlöchert wird. Heil und frisch eingekleidet steigt das Opfer wieder heraus, auf dem Gesicht sein unzerstörbares, halbschlaues, echt schweizerisches Grinsen, das das Publikum immer von neuem entzückt.
Jeder kann zaubern, wenn Christoph Borer seine Arme und seinen Zylinder dazu leiht: Die freiwillige Helferin aus dem Publikum kann selbst kaum glauben, was so alles in ihrem Hut steckt, von Luftschlangen bis zu Gummihühnern. Leider läßt der Magier, wie nicht anders zu erwarten, alle Fragen der frappierten Zuschauer offen: Wie hat er bloß den Zehnmarkschein in die Zitrone hineinbugsiert, nach der das Geld hinterher so wunderbar duftet? Herauskriegen kann man es nicht – aber zumindest selber sehen. Miriam Hoffmeyer
Bis Sonntag, täglich um 20.30 Uhr im BKA, Mehringdamm.
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