: Immer wieder: Drogen
■ Polizei und SPD-Politiker diskutieren / "Stadt ist kein Mädchenpensionat"
und SPD-Politiker diskutieren / »Stadt ist kein Mädchenpensionat«
Drogenproblematik und Verkehrspolitik standen gestern im Mittelpunkt einer Arbeitstagung der SPD-Betriebsgruppe Polizei. Thema: „Soziale Probleme und Stadtentwicklung — die Rolle der Polizei.“ Gäste der Tagung: Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller, Umweltsenator Fritz Vahrenholt sowie Bausenator Eugen Wagner.
In allen Arbeitsgruppen spielte das Thema „Drogen“ immer wieder die zentrale Rolle, warfen die Polizisten den Politikern schwere Versäumnisse vor. Beispiel Heimfeld: Dort habe die Politik lange Zeit verkannt, daß es in einem Sozialwohnungsgebiet zur Verslumung komme. Folge: Seit drei Jahren floriert nun dort der Heroinhandel, der Rauschgiftkonsum ist dramatisch angestiegen. Unter Beifall forderte daher ein Beamter den Senat auf, die Liberalisierungspolitik voranzutreiben und sich für eine kontrollierte Freigabe harter Drogen einzusetzen.
Unterschiedliche Auffassungen herrschten über das polizeiliche Agieren gegen die Drogenszene in St. Georg. Ein Beamter: „Das Verdrängungskonzept des Senats hat sich nicht bewährt.“ Grund: Nunmehr schwappe die Drogenszene auf andere Stadtteile über. Dem widersprach der Chef der Direktion Mitte, Richard Peters, der zur „Solidarität der Stadtteile“ aufrief. Peters beklagte, daß es in anderen Regionen Hamburgs wenig Bereitschaft gebe, die Lasten mitzutragen (Beipiel: Drogenschiff in Eimsbüttel), um zu einer Entspannung in St. Georg zu kommen. Kritik auch, daß es auf behördlicher Seite keine „Vernetzung stadtteilbezogener Sozialarbeit“ gebe. „Man braucht sich nur die Diskrepanz an Drogenabhängigen und Drogentherapieplätzen anzusehen — und dazwischen steht die Polizei.“ Peters zur Situation vor dem Drob Inn: „Die Beamten sind die einzigen, die dort mit den Menschen reden, die am untersten Punkt der Verelendung angekommen sind. Hier könne man sich wünschen, daß es mehr ‘aufsuchende Sozialarbeit' gibt.“
Kontrovers auch die Standpunkte zur Verkehrspolitik. Während ein Bürgernaher Beamter monierte, daß den Bewohnern einer Siedlung von den Stadtplaner pro Wohnung nicht vier Parkplätze zugestanden worden seien (zwei für die Eltern, zwei für die Kinder), herrschte bei dem überwiegenden Teil der Anwesenden die Meinung, daß der Verkehrsinfarkt bevorstehe. Forderungen: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, neue Radwegkonzepte. Und an diesem Punkt waren sich dann wieder Senatoren und Polizisten einig. Eugen Wagner: „Wir müssen das Autofahren auf das Maß zurückschrauben, wie es der Bürger wirklich braucht.“ Und Traute zum Versäumnisvorwurf: „Eine Stadt ist kein Mädchenpensionat.“ kva
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen