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Keine 'Bischofsloge' für die Glocke

■ Ampel-Senatskoalition zieht mit der Sanierung der „Glocke“ in einen Grundsatzstreit

Für die Sanierung der Glocke hat die Domgemeinde nichts übrig F.: Vankann

Die Finanzierung ist klar, einige Millionen liegen schon bei der Stiftung Wohnliche Stadt auf der hohen Kanten und bringen Zinsen, sagen die einen: Die „grundlegende Sanierung der Glocke“ steht im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, und wenn das Konzerthaus im Zentrum Bremens nicht bald geschlossen werden soll, dann muß es schnell gehen. 14 Millionen sollten aus dem Wirtschafts-Aktionsprogramm des Wirtschaftssenators zugeschossen werden, 2 Millionen aus dem Kultur-Investitionstopf. Dem Senat lag vor einer Woche ein entsprechender Beschlußantrag vor.

Der Senat beschloß aber nichts, sondern vertagte sich. Es gebe Bedenken im politischen Raum, hatte Staatsrat Andreas Fuchs den Staatsräten erklärt. Gerüchte wollen wissen, Fraktionschef Dittbrenner habe in der laufenden Staatsräte-Sitzung angerufen und die gelbe Karte gezeigt.

Glocke:

Häuser, Turm

Im Koalitionsausschuß am Abend erhob SPD-Fraktionschef Dittbrenner Einspruch, weil da Steuergelder für eine kirchliche Immobilie ausgegeben werden sollten. Und überhaupt: Paßt ein derartiges 30-Millionen-Projekt in die politische Landschaft eines Bundeslandes, das mit Sparprogrammen seinen Bürgern Opfer zumutet?

Auch die Grüne Fraktion befaßte sich mit dem Thema. „Wir möchten keine 'Bischofsloge' zur kostenlosen Nutzung der Kirchengemeinde“, schrieben sie in ihrer Pressemitteilung. Wenn gleichzeitig Schwimmbäder geschlossen werden müßten, könnten die Grünen einer „Sanierung auf hohem Niveau“ für die Glocke nicht zustimmen.

Gestern nachmittag gab es zum Thema eine kulturpolitische Grundsatzdebatte. Wieviel Geld soll für Hochkultur ausgegeben werden, wieviel bleibt für die Soziokultur? „Wenn die Glocke aus feuerpolizeilichen Gründen dicht

gemacht werden muß, wird davon keine Mark dem Kulturladen Gröpelingen zugute kommen“, stellte Senatorin Helga Trüpel nach der gestrigen Fraktionssitzung klar. Die Fraktion habe zwei „Prüfaufträge“ beschlossen: Erstens solle geklärt werden, was an der Sanierung „Umbau“ sei und was schlichte „Grundsanierung“. Zweitens sollte die Kostenaufstellung überprüft werden, um den Verdacht aus der Welt zu Räumen, daß der bremische Staat großzügig im Interesse des Immobilienbesitzers Kirche saniert. Denn der, so sieht es der vorbereitete Vertrag vor, soll nach 60 Jahren „Erbbauvertrag“ wieder Besitzer der Glocke werden.

Ob auch die SPD sich zu einem „Ja“ zur Sanierung der Glocke entschließt, ist derweil noch unklar. Alt-Senator Konrad Kunick, der von Claus Dittbrenner zum neuen Deputationssprecher Wirtschaft vorgeschlagen wurde, hatte sich in der Bürgerschaft in der Aktuellen Stunde im Rahmen einer Sozialdebatte gegen die Glocken- Sanierung ausgesprochen. Auch die Interessen von Veranstaltern, die eine Erhöhung der bisher eher geruingen Mieten befürchten, sind von der Modernisierung betroffen.

Nichts ist klar, solange dier Politik nicht entschieden ist, sagt inzwischen der Vorsitzende der „Stiftung Wohnliche Stadt“, Horst Heise. Er widerspricht auch der Behauptung, die Stiftung habe schon Geld angespart. Da der Gesamtetat der Stiftung nur bei 12 Millionen jährlich liegt, würden andere Projekte auf ihre Finanzierung warten müssen.

Der 1927/28 von Walter Görig erbaute Konzertsaal im Baustil „Art deco“ soll vom Architekten Müller Menckens planmäßig im Sinne des Stils instandgesetzt werden. Dabei gehts vor allen Dingen um die Renovierung des großen Saales und des Foyer-Bereiches. Die Gastronomie soll nach vorn zum Domshof hin verlegt werden, nichttragende Wände sollen entfernt, Fenster freigelegt werden, damit der Blick zur Domsheide frei wird. Insbesondere gegen diese Umbauten hat der Denkmalpfleger Einwände formuliert, weil sie Eingriffe in den „Art deco“-Stil sind.

Schon seit 20 Jahren ist der Sanierungsbedarf deutlich, die Domgemeinde hat allerdings kein Geld dafür und sieht auch nicht ein, daß sie in ein stadtbremisches Konzerthaus investieren soll. Der Senat sah gleichzeitig nicht ein, daß er ein kirchliches Gebäude modernisieren soll. Erst mit einem Generationswechsel bei dem Dombauherren wurde der Weg für die Erbbau- Regelung frei.

Da die Behörden mit einer Bauzeit von zwei Jahren rechnen, kann nicht mehr lange gewartet werden. Die Stadtgemeinde plant, eine HIBEG-Tochtergesellschaft zur Sanierung der Glocke einzusetzen. km/kw

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