: Kalter Wind bei Daimler-Benz
■ 400 Millionen Mark weniger Gewinn für 1992/ Beschäftigte müssen sich warm anziehen/ 27.500 Jobs werden abgebaut/ Erstmals Kurzarbeit im Autobau/ Die Dividende von 13 Mark soll erhalten bleiben
Berlin (AP/dpa/taz) – Die Beschäftigten in Deutschlands größtem Konzern müssen sich warm anziehen. Die Stuttgarter Daimler- Benz AG wird im laufenden Geschäftsjahr einen dramatischen Ertragseinbruch erleben. Der Gewinn 1992 soll nicht wie noch vor wenigen Wochen verkündet bei 1,9 Milliarden Mark, sondern nur noch bei 1,5 Milliarden liegen. Leidtragende sind vor allem die Beschäftigten: die Firma mit dem Stern will bis Ende 1994 27.500 Stellen abbauen. Zeitungsberichten zufolge schloß Finanzchef Gerhard Liener sogar die Schließung kompletter Standorte nicht mehr aus. Ende 1991 verdienten noch rund 380.000 Menschen bei Daimler ihren Lohn.
Finanzvorstand Liener bestätigte gestern außerdem Informationen des Betriebsrats und der IG-Metall, daß es 1993 erstmals in der Firmengeschichte Kurzarbeit bei der Produktion der Nobelkarossen geben werde. In den Nutzfahrzeugwerken waren bereits bis zu 37 Tage Kurzarbeit vereinbart worden. Außerdem war die Weihnachtspause für 127.000 Arbeitnehmer verlängert worden.
Weltweit stehen inzwischen 125.000 Mercedes-Autos unverkauft auf Halde. Das sind 30.000 Fahrzeuge mehr als üblich. Der Vorstand rechnet nach Lieners Angaben 1992 nur noch mit einer Produktion von 530.000 Personenwagen, nachdem 1991 noch 578.000 Autos von den Bändern gerollt waren.
Krisenzeichen gab es in den vergangenen Monaten immer wieder: Anfang November hatte Mercedes bekanntgegeben, daß das im brandenburgischen Ahrensdorf mit einem Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Mark geplante „modernste Lastwagenwerk Europas“ bis auf weiteres gestoppt sei. Mercedes will einen Teil der dort gekauften Fläche sowie die bewilligten Subventionen von 262 Millionen Mark in voller Höhe zurückgeben. Schon im Juli und August hatte es schwere Einbrüche bei der Pkw-Bestellung gegeben, wie Liener jetzt einräumte.
Als Gründe für den Einbruch nannte der Daimler-Finanzchef das abrupte Ende der von der deutschen Einigung ausgelösten Sonderkonjunktur im Inland, die Schwäche wichtiger Exportmärkte und die Währungsturbulenzen. Die Börse reagierte gestern ausgesprochen empfindlich auf die neuen Berichte über Daimlers Schwierigkeiten. Der Kurs der Daimler-Aktie gab gestern um rund 15 Mark, das sind drei Prozent, nach. Liener will aber die Dividende auf dem bisherigen Niveau halten: 1991 hatte Daimler- Benz 13 D-Mark gezahlt.
Der Finanzchef verteidigte auch mit Nachdruck den vor Jahren eingeleiteten Umbau der Daimler- Benz AG vom Automobilunternehmen zum Technologiekonzern. Die Luft- und Raumfahrttochter Deutsche Aerospace und die AEG würden bereits einen Ausgleich zum schwächeren Autogeschäft leisten. Das Autogeschäft lieferte bislang immer Dreiviertel des Gewinns für den Daimler-Konzern.
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