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Zwangsräumung mit Polizeigewalt

■ Fahrradladen in Prenzlberg geräumt/ 25 vorläufige Festnahmen/ Konflikte zwischen Eigentümer und Mietern

Prenzlauer Berg. Auf der einen Seite Gerichtsvollzieher und Hauseigentümer, auf der anderen hundert AnwohnerInnen und UnterstützerInnen. Die Szenerie in der Lettestraße 7 am Dienstag vormittag glich einem Drehbuch. Dem Fahrradladen im Quergebäude stand die Zwangsräumung ins Haus. Der Betreiber, Jörg K., hatte zwar seine Mietschuld von drei Monatsmieten beglichen, war aber, im Glauben, daß damit die Angelegenheit erledigt sei, nicht zum entscheidenden Gerichtstermin erschienen. Das Amtsgericht Mitte folgte daraufhin dem Räumungsbegehren des Privateigentümers Frank Reiche. Den Wunsch Jörg K.'s nach einem Räumungsaufschub wies der Eigentümer ebenso zurück wie seine mündliche Zusage, über den Fall noch einmal zu verhandeln. „Ich bin an Ihnen als Mieter nicht interessiert“, so die lapidare Antwort des in Westberlin hinreichend bekannten Reiche. Nachdem dem Gerichtsvollzieher der Zutritt zu den Räumen verwehrt wurde, forderte er Amtshilfe von der Polizei. Drei Stunden später war die Räumung beendet. Die Bilanz: 25 vorläufige Festnahmen wegen Hausfriedensbruch.

Mit der Räumung des Fahrradladens erreicht der Konflikt zwischen Eigentümer und MieterInnen einen vorläufigen Höhepunkt. Reiche, der das Haus dem Vernehmen nach von einer Erbin für 300.000 Mark gekauft hatte, betonte den MieterInnen gegenüber wiederholt, daß ihm an einer Instandsetzung der Wohnungen nicht gelegen sei. Reiche wörtlich: „Damit kann ich keine Miete erhöhen.“ Die zu erwartende Privatmodernisierung wollen die MieterInnen dagegen ablehnen. „Wir werden bleiben, auch wenn sich in der letzten Zeit Schikanen, wie ausgewechselte Wohnungsschlösser, häufen“, so einer der Mieter zur taz. „Jeder Mieter hat für seine Zustimmung auszuziehen, 5.000 DM angeboten bekommen“, berichtete Sylvia Hoehne von der Mieterberatung Prenzlauer Berg. Auf die Frage, wie er denn eine Modernisierung gegen die MieterInnen durchsetzen wolle, hatte Reiche ihr gegenüber erklärt, das Haus dann eben so zu lassen, wie es ist. Sollen es die Mieter doch anbrennen. Uwe Rada

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