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„Den Kalifornien-Effekt bremsen“

■ Die geplante CO2-Abgabe reicht nicht aus, meint DIW-Professor Eckart Kutter

Professor Eckart Kutter ist Verkehrswissenschaftler am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und — auf Vorschlag der SPD — seit gut einem Jahr Mitglied der Enquete- Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ des Bundestages.

taz: Herr Kutter, wie oft sind Sie bisher für Sitzungen der Enquete- Kommission von Berlin nach Bonn und zurück geflogen?

Eckart Kutter: Etwa 40mal. Wenn es nicht acht Stunden dauern würde, würde ich auch mit der Bahn fahren.

Rechtfertigt der Ertrag der Enquete-Kommission diesen Ausstoß von CO2?

Ich persönlich ziehe schon einen gewissen Ertrag daraus. Ich sehe, welcher Anstrengungen es bedarf, wissenschaftlich entwickelte Konzepte in eine politische Strategie umzuwandeln.

Aber ist nicht längst bekannt, was geschehen müßte: Ein Benzinpreis, der die tatsächlichen Kosten des Autoverkehrs widerspiegelt?

Ja, natürlich. Aber kein Experte wird heute mehr vorschlagen, Benzin müsse fünf Mark kosten. Jeder Experte wird sagen: In zehn bis 15 Jahren muß es fünf Mark kosten.

Die EG-Kommission hat eine CO2-Steuer vorgeschlagen, die jedes Faß Erdöl anfangs mit drei, später mit zehn Dollar belasten soll. Reicht das aus?

Im Verkehrsbereich bringt diese Abgabe praktisch nichts. Der Liter Benzin würde anfangs nur um drei und in der Endstufe um etwa zehn Pfennig teurer. Das ist eine Größenordnung, die haben wir mal locker für den Golfkrieg draufgeschlagen. Das Auto ist in den letzten Jahrzehnten im Verhältnis zum Haushaltseinkommen ständig billiger geworden. Selbst wenn der Liter heute 2,60 Mark kosten würde, wären die Autokosten erst auf dem Niveau von 1977.

Nach Prognosen wird sich der CO2-Ausstoß des Autoverkehrs bis zum Jahr 2005 um knapp 40Prozent erhöhen.

Aufgrund des technischen Fortschritts wird sich diese Zunahme auf vielleicht 15 bis 20 Prozent CO2-Zunahme beschränken. Das ist schlimm genug. Deshalb müssen wir an den Personenverkehr ran, der annähernd drei Viertel des Mineralölverbrauchs zu verantworten hat. Preispolitik allein reicht nicht, weil sonst das soziale Argument zieht: Die Reichen können sich die S-Klasse leisten und die Armen gar kein Auto mehr. Wir brauchen deshalb ergänzende ordnungspolitische Schritte, zum Beispiel Verbrauchslimits. Und wir müssen den Güterverkehr, der durch den europäischen Binnenmarkt einen deutlichen Schub bekommt, stärker auf die Bahn verlagern.

Der Umweltminister will bis zum Jahr 2005 den Fünf-Liter- PKW durchsetzen. Reicht das?

Fünf Liter wäre immerhin die Hälfte des heutigen Durchschnitts. Auf längere Sicht müssen die Autos kleiner, leichter und kompakter werden. Im Stadtverkehr verbrauchen 100 Kilogramm 0,6 Liter Benzin.

Kleinere, leichtere Autos erzwingen aus Sicherheitsgründen ein Tempolimit auf der Autobahn...

Ja, natürlich.

Schon heutzutage liegen in Westdeutschland Arbeitsplatz und Wohnort oft weit auseinander, Tante-Emma-Läden wurden von Supermärkten auf der grünen Wiese verdrängt. Lassen sich derartige verkehrserzeugende Strukturen überhaupt noch rückgängig machen?

Wohl nicht. Wir entwickeln uns zur Zeit in Richtung auf ein Modell Kalifornien. Die Kalifornier haben eine Besiedlungsdichte, die nur halb so groß ist wie in Europa. Und sie haben einen Benzinverbrauch, der drei- bis viermal so hoch ist. In Deutschland wurde die Hälfte des Verkehrszuwachses der letzten 15 Jahre durch die Zersiedlung verursacht. In den nächsten 20 oder 30 Jahren wird dieser Kalifornien-Effekt 80Prozent des Verkehrszuwachses erzeugen. Diesen Trend müssen wir bremsen.

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