: Erdgöttin in komprimierter Form
■ The Shamen über die Kunst der richtigen Informationen zur rechten Zeit
INTERVIEW
Erdgöttin in komprimierter Form
The Shamen über die Kunst der richtigen Informationen zur rechten Zeit
Zu Anfang der 80er Jahre erschien ein weltweit erfolgreiches Buch, dessen Autor sich eine neue Verbindung von Wissenschaft und ganzheitlichem Denken vorgenommen hatte. Frank Capras Wendezeit gehörte zur Lektüre des Djs Colin und des Gitarristen Angus, als diese noch Ingredienzen einer akustisch-esoterischen Alchemie für ihre House-Band suchten. Dem Bekenntnis zur Berge versetzenden Kraft von Luft, Liebe und einer ausreichend tanzbaren Anzahl von Beats per minute verschrieben sich die beiden Shamen nicht nur für ihren ersten Hit „Move any mountain“. „Love, Sex, Intelligence“ von der jüngsten LP Boss Drum bezog sich auf das „S.M.I.L.E.“-Programm des L.S.D.-Propagandisten der 60er und 70er, Timothy Leary. Es umfasst eine Anleitung zur Lebensverlängerung, den Plan für eine Auswanderung der Menschheit ins All und eine Methode zur Intelligenzsteigerung. Ob auch die anderen Hits der Shamen mit ideologischen Rechtfertigungen zu haben sind, wollte Kristof Schreuf wissen.
Gibt es nicht große Schwierigkeiten, ein so umfangreiches Programm wie das eure verständnisträchtig an euer wachsendes Publikum zu vermitteln?
Colin: Das ist eine berechtigte, aber alte Frage. Wir haben die richtigen Informationen über Rhythmus und Kultur. Wir versuchen das, was wir über die Erdgöttin Gaia wissen, und aus den Büchern John Lovelockes kennen, weiterzugeben. Und möglichst mehr.
Ginge es statt Weitergabe der 'richtigen' Informationen nicht vielmehr darum, den Umgang mit Informationen zu lernen?
Angus: Nicht wenn man die richtige Auswahl getroffen hat. Colin und ich beziehen uns auf 30000 Jahre Menschheitsgeschichte. Die „Shamen“ veröffentlichen Platten von 50 Minuten Länge und veranstalten Konzerte von mehreren Stunden. Das was zu sagen ist, fordert also nach einer komprimierten Form. Dafür ist ein Pop-Song doch das beste Mittel.
Aber als bekannte Mischung: Ihr verbindet Esoterik, Euphorie und das Vorhaben, möglichst viele Eulen nach Athen zu tragen.
Colin: Es kann mir egal sein, wenn uns jemand Offensichtlichkeit unterstellt. „The Shamen“ liegen richtig und bleiben ausgeglichen angesichts der Weltlage. Ich bleibe dabei, daß in unseren Rhythmen Weisheit steckt.
Docks, 22 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen