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BremDißein? Oder lieber Weißwürste?

■ Ernste Warnung vor der Fuzzi-Kultur

Mein erster selbstgebauter Sprengsatz wird in ein Geschäft fallen, wo man solargetriebene Kurzzeitwecker aus Titan in Colani-Dießein kaufen kann. Mein Gott, es wird eine kleine Ladung sein, ich bin ein friedfertiger Mensch, aber ein bißchen Neongas wird freigesetzt werden, gewisse spiegelnde Chromflächen werden danach stumpf aussehen, und ein Espresso-Center im Porsche-Dißein wird vor Empörung Schaum spucken.

Es wird keinen Armen treffen. Der hohle Killefitt bewegt sich gemeinhin auf einem Preisniveau, der ein katholisch eingefärbtes Herz immerfort an hungernde Kinder und Leprakranke denken läßt. Dißein kann ein Superdeal sein — das Geschäft mit der heißen Luft des schönen Scheins. Haufenweise Yuppies leben davon nicht schlecht, wohlriechende Halbgare mit stromlinienförmigen Nichtdenkerstirnen, schlanke Sonnenbänkler in Knitterlook (mint). Kein Gedanke in der Birne, aber eine schnelle Idee im Kopf. Gerne umgeschulte Lehrer mit interessanten Karrierebrüchen.

Wenn die Bremer Wirtschaftsförderung sich in einer Stadt, wo sonst mit Blech, Baumwolle und Bananen Geld gemacht wird, in solch dünne Luft begibt, muß sie wissen, was sie tut. Die Idee „Bremen — Dißein-Oberzentrum“ schleppt ein: Fuzzi-Kultur der Desktop-Täter, Koalitionen hohler Dummbeutel (parteiübergreifend) und einen neuen Filz, der im Casablanca und im Kukuk besprochen wird.

Erstmal wird gerödelt: Dißein-Zentrum, Dißein-Labor, ein Dißein-Haus im Technopark an der Uni, ein Dißein-Museum in der Ostertorwache, eine Dißein-„Offensive“ namens Innoventa, wo heiße Luft international eingekauft wird. Und jetzt gibt es auch noch ein Periodikum, den Bremer Dißein-Brief.

Im Focke Museum kann man sich dieser Tage ansehen, was BremDißein ist: Man bräuchte aber gar nicht hingehen. Man denkt an Zeitgeist, und man ist im Bilde.

Übrigens: Fahren Sie mal nach München und erzählen Sie da einem was von Bremer Dißein. So a Gaudi! Man wird Ihnen eine Weißwurst spendieren. Burkhard Straßmann

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