: Exzentrischer Fummel, maritime Kotzschüsseln
■ Ab heute übers ganze Focke-Museum verteilt: Design aus Bremen
Ein Spinnennetz aus Silberfäden bedeckt nur unzulänglich die Blöße eines weiblichen Torsos. Der Kurfürst von Köln steht vollkommen versteinert daneben. Die Studie eines neuen Stadtfahrrads blinkt neben einem Holzspeichenfahrrad aus dem letzten Jahrhundert. Um die womöglich unterbewertete Potenz des Bremer Designertums ins rechte Licht zu rücken, haben sich das „Design Zentrum Bremen“ und das Focke- Museum Witziges ausgedacht.
Taufrisches (und auch etwas abgestandeneres) Bremer Design steht im unmittelbaren Kontrast zur historischen Sammlung des Bremer Landesmuseums. Ein Konzept, von dem auf alle Fälle das Focke-Museum profitiert — da man sich die minimalistischen, spießgleichen Stehlampen von Jürgen Wilkens oder die ausgebuffte Gartenliege von Lino Gozzi im ganzen Museum zusammensuchen muß, bekommen auch die Exponate des Hauses neue Aufmerksamkeit ab.
Nach zweieinhalb Jahren Kampf um Bremen als Design- Oberzentrum scheint für Jochen Rahe vom Design-Zentrum die Zeit reif für eine Bestandsauf
hierhin bitte
die Statue
mit Dessous
Da macht der Rittersmann Glubschaugen: Ein kleines Freches von Sibilla Pavenstedt im MuseumFoto: Holzapfel
nahme. „Design aus Bremen“ präsentiert Arbeiten, die angeblich auch vor den Augen auswärtiger Kenner Bestand haben — der Chefredakteur von „form“ war in der Auswahljury.
Mit ihrem exzentrischen Fummel (Haarkleid, Fadenkleid) ist Sibilla Pavenstedt dabei, Gerhard Niemeyer mit seinem Renner „Click“, einer Steckdosenlampe, fehlt ebensowenig wie der Tisch von Uwe Jens Burchard und Robert Bücking — im wesentlichen eine gespannte dünne Spanplatte.
Im üppigen Katalog wird Beate Manske nicht müde, an das zu erinnern, was Bremer Design mal war, z.B. Wagenfeld oder Borgward. Sowas macht sentimental, wenn man einen Blick auf das Modell einer Motoryacht von Jörg Beiderbeck (Lürssen) wirft: Insbesondere im Gegensatz zum Großsegler aus dem 18. Jahrhundert nebenan eine Kotzschüssel. Bus
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