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Bremer Lehrer unter Stasi-Verdacht

■ Bundesanwaltschaft ermittelt / Überzeugungstäter? / SPD-Ratsmandat niedergelegt

Der Schulleiter Schomacker war gestern nachmittag sprachlos: Kollege B. soll jahrelang der Stasi zugearbeitet haben? „Das ist nicht möglich“, sagt er, so ein „anerkannter, beliebter Kollege“.

Tatsache ist aber: Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Reinhard B. wegen Spionage. Der Vorwurf: Der Lehrer, der an seinem Wohnort Achim für die SPD im Stadtrat sitzt, soll seit Mitte der 70er Jahre bis zum schlechten Ende der DDR 1989 für die Stasi gearbeitet haben. Nachdem am Montag abend die Ermittlungen bekannt wurden, legte er sein Mandat nieder. Eine Stellungnahme lehnte er selber ab.

Detlev Albers, Hochschullehrer in Bremen, erinnert sich: Reinhard B. sei Anfang der 70er Jahre im MSB Spartakus engagiert gewesen, er habe ein „gutes Verhältnis“ zu B. gehabt. Albers hat noch keinen Antrag bei der Stasi-Aktenbehörde in Ostberlin gestellt, um in Erfahrung zu bringen, wer was über ihn dort berichtet hat. „Man zögert“, sagt Albers heute, vielleicht will er es doch bald einmal wissen. Ein ehemaliger politischer Weggefährte in Hamburg war vor einem Jahr als Stasi-Zuträger enttarnt worden.

Noch in den 70er Jahren trat B. aus der DKP-Studentenorganisation aus und der SPD bei — offenbar der Beginn der Legende. Als SPD-Mitglied fuhr er zu den bundesweiten Linken-Treffen in Großentaft, wo sich die Stamokap-Anhänger in der SPD organisierten. Regelmäßig war er auch beim „Frankfurter Kreis“ dabei, einem lockeren Zusammenschluß von Bundestagsabgeordneten, Vorständlern und anderen SPD-Aktiven. Diesem Kreis gehört auch der Bremer Bildungssenator Scherf an.

Reinhard B. war früher einmal in der GEW engagiert. Als der Bremer SPD-Unterbezirk Bremen-Ost eine Friedenskommission hatte, war er dabei. Reinhard B. hätte also durchaus der Stasi etwas zu erzählen gehabt, wenn der Vorwurf der Bundesanwaltschaft zutrifft.

In Achim war B. erst 1986 in den Stadtrat eingezogen und dort Vorsitzender des Schulausschusses und in Abrüstungskreisen engagiert. Früher soll er dem SPD-Politiker Karl Ravens, der einmal Bundesbauminister war, zugearbeitet haben. K.W.

Grünen-Überprüfung ergab keine Stasi-Kontakte

Von den acht Landtagsabgeordneten der Grünen hatte keiner Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR (Stasi). Das hat die Überprüfung der Fraktion durch die Gauck-Behörde ergeben, teilten die Landtags-Grünen in Hannover mit. Sie forderten die anderen im Landtag vertretenen Fraktionen auf, sich ebenfalls freiwillig überprüfen zu lassen.

In den von der Gauck-Behörde verwalteten Stasi-Unterlagen haben sich nach Angaben der Grünen Einträge über die Abgeordneten Marion Schole und Hannes Kempmann ergeben. Kempmann galt in den Akten als Personen mit Verdacht auf eine „feindlich-negative Tätigkeit gegen die DDR“. Er hatte Kontakte zu kirchlichen Gruppen, die gegen eine Sondermülldeponie bei Arendsee und das Atomkraftwerk Stendal protestierten. dpa

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