: Interpol stellt Maus(s)efalle
■ Belgische Justiz erläßt Haftbefehl gegen Werner Mauss
Bonn (taz) – Der berühmt-berüchtigte deutsche Mehrzweckagent Werner Mauss ist seit dem vergangenen Wochenende international zur Fahndung ausgeschrieben. Die belgische Kriminalpolizei hat am letzten Freitag über Interpol einen Haftbefehl erlassen. Dies bestätigte ein Brüsseler Untersuchungsrichter am Mittwoch gegenüber der taz. Da Mauss öfters mal den Paß wechselt, listet der Haftbefehl über 30 Alias-Namen auf. Die belgische Justiz wirft dem deutschen Privatdetektiv aktive Beamtenbestechung und Urkundenfälschung vor. Mauss soll den mittlerweile geschaßten Leiter der Kriminalbrigade Brüssel, Hauptkommissar Frans Reyniers, mehrfach bestochen haben. Als Gegenleistung erhielt der deutsche Privatdetektiv von dem belgischen Kommissar über Jahre illegale „Amtshilfe“.
Mauss und Reyniers kooperierten auch im legendären Fall Düe: Der Hannoveraner Juwelier René Düe wurde im Oktober 1981 Opfer eines Raubüberfalles. Im Januar 1984 verurteilte ihn das Landgericht wegen Versicherungsbetrugs zu sieben Jahren Gefängnis. Das Urteil stützte sich wesentlich auf die „Ermittlungsergebnisse“ des von der Versicherung angeheuerten Privatdetektives Werner Mauss. Der hatte das Opfer Düe zum Täter umfunktioniert.
Nach drei Jahren Haft nahm der Fall Düe eine spektakuläre Wende: Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf; das Verfahren gegen Düe mußte wiederholt werden. Im März 1989 sprach das Landgericht Braunschweig den Juwelier in allen Punkten frei. Begründung: Gemeinsam mit LKA- Fahndern hatte Mauss Beweismaterial manipuliert, Akten verschwinden lassen, illegal Gespräche abgehört und sogar einen gekauften Zeugen aufgefahren. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß in Hannover kam zu dem Schluß, „daß bei der Zusammenarbeit der Polizeibehörden mit Mauss ... Rechtsgrenzen überschritten worden sind“. Ob es um Terroristen-Fahndung oder Geisel-Deals im Nahen Osten ging – immer wieder sorgte Mauss mit unseriösen Methoden für Schlagzeilen. Und immer wieder konnte der Privatspitzel sich auf einflußreiche Freunde in den europäischen Polizeiapparaten, vor allem aber dem Bundeskriminalamt, verlassen.
Während die Behörden in Brüssel gegen rund 20 Beschuldigte, darunter die Kompagnons Reyniers und Mauss, ermitteln, ist in der Causa Düe auch bei der Staatsanwaltschaft Hildesheim ein Verfahren gegen Beamte der Staatsanwaltschaft und des Landeskriminalamtes Hannover sowie gegen den Detektiv Mauss anhängig. Das Landgericht Celle lehnte vor wenigen Wochen allerdings die Eröffnung der Hauptverhandlung ab. Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein; jetzt muß das Oberlandesgericht entscheiden, ob es doch noch zum Prozeß kommt. Thomas Scheuer
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