: Uhl: „Geht klar“ heißt nicht „ja“
■ Wortbruch als juristisches Phänomen / Arbeitssenatorin: „ABM geht 1993 gegen Null“
Das Wort aus dem Hause des Arbeitsressorts gilt nichts. Dies, auf fünf Seiten juristisch verklausuliert, hat die Arbeitssenatorin Sabine Uhl ihren Senatskollegen jetzt schriftlich gegeben. „Zusagen haben nicht die Rechtswirkungen eines Bewilligungsbescheides“, steht in der vertraulichen Senatsvorlage, „auch solche Zusagen wie Sie können davon ausgehen, geht klar oder geht in Ordnung sind nach den Umständen des Einzelfalles“ zu bewerten.
Im Klartext heißt das: Eine ganze Reihe der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Kultur-Projekte, die mündliche Zusagen des Arbeitsressorts hatten und darauf — wie in vergangenen Jahren — vertraut haben, erhalten jetzt versprochene Gelder nicht. Teilweise haben solche Projekte mit erheblichen Summen die Stellen vorfinanziert — ohne feste Stellen gibt es keine ABM-Stellen, kleinere Projekte hätten ganz aufgeben müssen.
Eine Rechtfertigung für den Wortbruch enthält die Senatsvorlage selbstredend nicht. Dafür ist ausgerechnet, was es den Senat zusätzlich zu dem kürzlich vorgenommenen Nachtragshaushalt kosten würde, wollte das Arbeitsressort Wort halten: 1,18 Millionen allein für 1992.
Nicht berücksichtigt ist dabei ein kleiner Trick: Die Senatorin mußte bestimmte Zahlungen, die von den Projekten für 1992 verplant sind, haushaltstechnisch in das Jahr 1993 verschieben, damit die Zahlen unter dem Strich nicht ganz so schlimm aussehen. Statt der geplanten 2,5 Millionen bleiben in 1993 für Stammkräfte so weniger als 1,2 Millionen übrig.
1993 wird es also dann ganz düster für Stammkräfte und ABM- Stellen — selbst für die Projekte, die 1992 nach der Liste des Ressorts noch einmal Glück gehabt und wenigstens einen Teil ihre mündlichen Zusagen für „Stammkräfte“ jetzt anerkannt bekommen sollen. Schuld daran, so die Uhl-Vorlage, ist die Bundesanstalt in Nürnberg: Nach den derzeitigen Planungen wird sich „die ABM- Beschäftigung im Laufe des nächsten Jahres weiter drastisch abbauen und gegen Ende 1993 gegen Null laufen“, schreibt Sabine Uhl.
Warum Uhl die Zukunft so schwarz malt, liegt auf der Hand: Wenn es keine ABM-Stellen mehr gibt, dann braucht man natürlich auch keine Stammkräfte mehr und kann das Geld jetzt für die Lücken wg. Fehlplanung ausgeben.
Die Koalitionäre vermissen aber noch wichtige Ecksteine: Die Vorlage verschweigt, welche Laufzeiten die bewilligten Stammkraft-Verträge haben und welche Anleiter-Stellen noch finanziert werden. Am kommenden Montag will der Koalitionsausschuß die Uhl'sche Offenbarung vollkommen auf den Tisch haben. K.W.
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