Philosophie und Mafia

■ Japanischer Politiker gesteht Zusammenarbeit mit Gangsterboß

Tokio (taz) – Glaubt man den Worten von Nippons lange Zeit mächtigstem Politiker, dann gehört die Zusammenarbeit zwischen Staatsspitze und Gangsterbossen in Japan mit zur politischen Philosophie der Regierungspartei. Diese von Kritikern immer schon unterstellte, amtlich jedoch streng dementierte Politik-Praxis enthüllte am Freitag der ehemalige Fraktionsvorsitzende der regierenden Liberal-Demokratischen Partei (LDP), Shin Kanemaru während einer unter Eid vorgenommenen parlamentarischen Befragung.

Kanemaru gestand, sich mit dem verstorbenen Führer der Inagawa-kai, Japans zweitgrößter Mafiabande, getroffen und sich dabei für seine Hilfe in politischen Geschäften bedankt zu haben. „Wenn jemand einem ertrinkenden Kind hilft, dann hat man ihm gegenüber ein besonderes Dankesgefühl. Das zum Ausdruck zu bringen, gehört zu meiner politischen Philosophie“, soll Kanemaru nach den Berichten der Parlamentarier über seine Beziehung zu Gangster-Boß Susumu Ishii gesagt haben.

Hintergrund ist der sogenannte „Sagawa-Kyubin-Skandal“. Staatsanwälte hatten aufgedeckt, daß die Paketfirma Sagawa Kyubin in Zusammenarbeit mit der Mafiabande von Susumu Ishii Millionensummen steuerlich veruntreut und anschließend in die Hände von Politikern gebracht hatte, unter ihnen Shin Kanemaru. Darüber hinaus hatten Sagawa Kyubin und die Mafia der Regierungspartei dabei geholfen, vor fünf Jahren eine Kampagne von Rechtsradikalen gegen den ehemaligen Premier Takeshita zu stoppen. Georg Blume