piwik no script img

Unterm Strich

Deutsche Männer, so hat die Wissenschaft pinktlich zum ersten Advent festgestellt, sind Geschenke-Versager. Daraufhin rannten wir flugs zum Spiegel, und in der Tat: Von fehlenden Klunkern, Kolliers und Cartiers völlig entstellt, fristen wir ein glanzloses Schattendasein an den ausgefransten Rändern der Gesellschaft. Lookin' for nuggets? Wenn's diesmal nicht besser wird, meine Herren, gibt's eins vor die Mütze, mit dem Birkenstockschuh!

Als Fels in der Brandung hat sich Alice Schwarzer, die dieser Tage ein halbes Jahrhundert alt wird, bewährt. Während unsereins seine Feminismen wechselte wie andere ihr diamantenes Geschmeide (Zaunpfahl, Zaunpfahl), blieb sie hart an der Sache, und trieb gleichzeitig erboste Talkshowpartner mit einem durchaus beinharten, mäusezähnig grinsenden Humor zur Weißwurscht. Obwohl heute niemand mehr wissen will, daß auch wir abgetrieben haben oder daß eine Frau ohne Fahrrad irgendwie fischig wirkt, sagt sie's dennoch, und das hat ja auch etwas Beruhigendes in einer Zeit, in der einem sonst alles wegglitscht.

Nachdem wir vor nicht einmal zwei Wochen vermelden mußten, daß Soldaten unter feurigem Londoner Himmel die kostbaren Teppiche aus einer Feuersbrunst in Schloß Windsor erretteten, müssen wir nun mitteilen, daß auch der Ballsaal der Wiener Kaiserin in der Hofburg lichterloh brannte. Der Prunksaal, in dem einst die Habsburger Herrschaft mit ihren Juwelen klimperte und klirrte (wink, wink), war in den frühen Morgenstunden nur noch ein Trümmerfeld.

Nicht auf den Index für jugendgefährdende Bilder und Schriften kommen erstens das Video zu Rambo III, in dem Sylvester Stallone eine in Afghanistan losgelassene Gerechtigkeitsmaschine für gefangengesetzte Amerikaner spielt, und zweitens Henry Millers Opus Pistorum, indem es, Sie ahnten es schon, um so revolutionäre sexuelle Handlungen wie das Pinkeln in die mit Sekt und einer Freundin gefüllte Badewanne geht. Weil beiden Produktionen ein Kunstcharakter zugestanden wurde, der Vorrang vor der Jugendgefährdung hat, entschied das Bundesverwaltungsgericht nun, daß sie vom Index zu streichen seien. Von den sechzig Millionen Dollar, die „Rambo“ einspielte, hat Stallone seiner Freundin bestimmt viele schöne Glitzerkluncker gekauft.

Zu dem Verbund „Deutsche Städte voller Charme und Romantik“ gehört neben Potsdam, Augsburg, Bonn (!), Freiburg, Lübeck und anderen nun auch Rostock.

Hingegen erwarten den deutschen Touristen in Arabia Felix, im Jemen, Felsenpaläste, Ziegenherden, Brunnenanlagen und hilfsbereite Menschen wie aus biblischen Tagen. Als Mitbringsel, so meldete der Reiseteil einer deutschen Tageszeitung, biete sich insbesondere der schöne alte Bernstein- und Silberschmuck zu günstigen Preisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen