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Lösche Preis, gehe zu Computershop

Hinter dem Preiskrieg und Innovationsirrsinn der Computerindustrie verbirgt sich ein tiefgreifender Strukturwandel/ Marktstudie prophezeit kleineren Firmen kaum Überlebenschancen  ■ Von Erwin Single

Im Zeitalter der Deregulierung, so schwärmen liberale Ökonomen, komme endlich der freie Markt zum Zuge. Doch von dem brutalen Preiskrieg, der dann unter den Anbietern tobt, zeigen sich selbst die Experten immer wieder verblüfft. Der freieste aller freien Märkte ist derzeit wohl der Computermarkt. Noch vor knapp 10 Jahren hatte die renommierte Business Week getönt, die Schlacht um die Vorherrschaft auf dem PC-Markt sei geschlagen und von dem Branchenriesen IBM gewonnen worden. So kann man sich täuschen: Heute steckt „Big blue“ bis über den Kopf in roten Zahlen und ficht einen schier ausweglosen Kampf gegen Hunderte von Firmen, die dem Monolithen mit Dumpingpreisen zusetzen.

Für die Marktliberalen ist der freie Fall der Preise schnell erklärt: Das Angebot wird globalisiert, die Nachfrage läßt nach — gemäß der Theorie müssen die Preise also purzeln. Auf rund 15 bis 30 Prozent jährlich hat sich der Preisverfall inzwischen eingependelt. So sind durch Dumpingpraktiken die Halbleiterpreise seit 1988 um 20 bis 30 Prozent pro Jahr eingebrochen; einen 4-Megabit-Chip gibt es inzwischen für 10 bis 12 Mark. Die stark standardisierten Hardware- Bausteine lassen sich immer leichter zu neuen Produkten, aber auch zu Clonen und Imitaten zusammensetzen. Das Ergebnis: Produktions- und Entwicklungskosten sinken drastisch; alle paar Monate bringen die Computerfirmen neue Modelle auf den Markt. Eine weitere Variante ist das inzwischen von vielen Herstellern praktizierte Direktmarketing, das die Vertriebs- und Lagerkosten minimiert: Computer, vor allem die portablen, gibt es direkt ab Werk in jedem Laden um die Ecke — ohne den traditionellen Zwischenhandel. Experten rechnen bereits damit, daß die Hälfte der Computerhändler in der nächsten Zeit von der Bildfläche verschwinden dürfte. Den letzten Baustein in das Preispuzzle aber setzen die Konsumenten selbst: Computer haben längst den Charakter normaler Elektronikprodukte wie Hifi-Anlagen oder Fernsehgeräte angenommen, die alle paar Jahre ausgetauscht oder duch leistungsfähigere Geräte ersetzt werden.

Während der Markt Kapriolen schlägt, verbirgt sich hinter dem gnadenlosen Preiskrieg ein markanter Strukturwandel, der inzwischen die gesamte Branche erfaßt hat. Waren vor wenigen Jahren noch nationale Übernahmedeals wie der Kauf von Nixdorf durch den Elektromulti Siemens an der Tagesordnung, drängen die Überlebensprobleme insbesondere die großen Herstellerfirmen zu weltweiten Übernahmecoups und Allianzen. So hat sich etwa der US- amerikanische Computerkonzern DEC die Informationstechniksparte von Philips und Mannesmann-Kienzle einverleibt, IBM den trudelnden französischen Rechnerbauer Bull unter seine Fittiche geholt. Wie schlecht es der Computerindustrie derzeit geht, belegen nicht nur die Milliardenverluste der Konzerne, sondern auch der massive Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau. Weltweit dürften in diesem Jahr rund 40.000 Stellen zur Disposition stehen — rund doppelt soviel wie ursprünglich geplant.

Die einstürzenden Hardware- Märkte haben in den Chefetagen die Einsicht reifen lassen, daß sie ohne einen massiven Einstieg in das Software-Geschäft noch mehr in die Defensive geraten. Schließlich betrug der Software-Anteil am Informationstechnikmarkt im vergangenen Jahr bereits 41 Prozent; außerdem locken hier noch beträchtlich höhere Gewinnmargen als bei der Hardware. Zusehends gehen die großen Computerunternehmen Kooperationen mit rennommierten Software- und Beratungshäusern ein. Die Verlierer bei dem Run auf den Software- Markt stehen bereits fest: Die kleinen Programmierbuden, Serviceläden und Beratungszentren werden kaum eine Überlebenschance haben. Bereits jetzt, so hat eine Studie der Wirtschaftsprüfgesellschaft Creditreform errechnet, gehen über die Hälfte aller Neugründungen wieder ein.

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