piwik no script img

Ein Handelsboykott oder Abbruch der Beziehungen?

■ Israel will dem neuen Nazismus entgegentreten

Tel Aviv/Berlin (taz) – Die israelische Regierung hat gestern zum ersten Mal eine öffentliche Verurteilung der rechtsradikalen Ausschreitungen in der Bundesrepublik ausgesprochen. Nach der wöchentlichen Kabinettssitzung am Sonntag verlas Regierungssprecher Eliakim Rubinstein eine Erklärung, in der die Mitglieder der Regierung ihre „Besorgnis“ über die Zunahme der „neonazistischen, rassistischen und antisemitischen Erscheinungen in Deutschland“ äußern und „in aller Schärfe“ verurteilen. Sie betonen, daß sie diese Entwicklung für sehr ernst halten, und fordern die Regierung in Bonn nachdrücklich auf, dem Rechtsradikalismus mit „der ganzen Schärfe des Gesetzes“ zu begegnen. Anerkennung wurde „den Teilen der Bevölkerung“ ausgesprochen, „die gegen Antisemitismus und Rassismus kämpfen“.

Die Aussprache im Kabinett war auf Drängen von Erziehungsministerin Schulamit Aloni (Merez) zustande gekommen. In der zur Zeit vehement geführten israelischen Debatte über den deutschen Neonazismus tritt sie für sehr viel schärfere Reaktionen auf die Entwicklung in Deutschland ein. Sie fordert einen umfassenden Boykott der Israelis und der Juden aus aller Welt gegen Deutschland. Ausnahmsweise sind sich Politiker ihres linksliberalen Parteienbündnisses „Merez“ mit Politikern der rechten Opposition in Israel ziemlich einig. Denn auch die „Likud“-Fraktion fordert mehr Nachdruck: Die Regierung Rabin soll die diplomatischen Beziehungen mit Deutschland abbrechen, wenn die Bonner Regierung nicht sofort und radikal gegen den Neonazismus einschreitet. „Wenn Deutschland das Wiederaufleben des Nazismus nicht verhindern kann, muß Israel die diplomatischen Beziehungen mit Bonn abbrechen“, erklärte der Führer der Likud-Fraktion in der Knesset, Mosche Kazav. Seite 8

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen