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Letzte Hoffnung für Chemiedreieck?

■ Kohl verspricht erneut den Erhalt der Chemiestandorte

Berlin (taz) – In Halle sind Stimmungskanonen gefragt. Denn noch immer wird in der ostdeutschen Chemieregion, eingepfercht zwischen Saale, Dübener Heide und der Autobahn Berlin-Leipzig, sehnsüchtig auf neue Investoren gewartet. Leuna, Bitterfeld und Wolfen, so hatte es der Bundeskanzler höchstpersönlich versprochen, würden als Chemiestandorte erhalten bleiben. Seither sind gut eineinhalb Jahre vergangen, doch das versprochene Wunder von Halle läßt noch immer auf sich warten.

Als Helmut Kohl gestern vor dem Kulturhaus der Leuna AG vorfuhr, um an der Regionalkonferenz zur ostdeutschen Großchemie in der Krisenregion teilzunehmen, mußte er sich von einem Pfeifkonzert von rund 1.500 Chemiearbeitern empfangen lassen. „Wir wollen Arbeit“, skandierten sie der Delegation aus Bonn, der auch Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann und Umweltminister Klaus Töpfer angehörten. „Ich kann nichts dazu, daß die Sowjetunion kaputtgegangen ist“, entschuldigte sich daraufhin der Kanzler.

Den noch rund 30.000 der einst über 100.000 Beschäftigten nützt das reichlich wenig: Die Märkte sind längst weggebrochen, gesunde Betriebsteile gehen mit den maroden Rest-Kombinaten den Bach hinunter, und um das ökologische Notstandsgebiet haben die potentiellen Investoren aus dem Westen ohnehin einen weiten Bogen geschlagen. Noch heute sitzt die Berliner Treuhandanstalt auf ihren Chemiesauriern. Heute gleichen die riesigen Produktionsanlagen des Plastik-, PVC- und Kautschukherstellers Buna, des Dünge-, Waschmittel und Säuremischers Chemie AG Bitterfeld und die Filmfabrik Wolfen eher Trümmerfeldern und Industriemuseen. Lediglich für die Mineralölsparte in Leuna konnte bislang ein Käufer gefunden werden: Ein Konsortium unter der Führung des französischen Mineralölkonzerns Elf Aquitaine will neben der alten Anlage eine hochmoderne Raffinerie hochziehen. Als ein Meilenstein wurde im Oktober die Grundsteinlegung für vier neue Fabriken der Bayer AG gewertet, die 750 Millionen Mark investieren will. Ab 1994 will der Leverkusener Pillenkonzern dort die Schmerzmittel Aspirin und Alka Seltzer hergestellt. Doch bis die neuen Anlagen stehen, kann sich noch vieles ändern. Nach Vorstellungen der Treuhand sollen in der Chemieregion zunächst weitere 10.000 Stellen abgebaut werden.

Auf der Sitzung selbst übte sich der Kanzler dann wieder in Optimismus: Zwar gehe der Aufbau langsamer als erhofft voran, aber im Bereich der Großchemie sei man doch beim Erhalt eines wettbewerbsfähigen Kerns ein beträchtliches Stück weitergekommen. Den Menschen sicherte Kanzler Kohl erneut eine Zukunft des Chemiedreiecks zu. Dafür werden aus dem Bundeshaushalt kurzfristig zusätzlich 25 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. Sachsen-Anhalts Landesvater Werner Münch verwies auf die insgesamt 10,3 Milliarden Mark, die zur Sicherung der Standorte bereits investiert worden seien. Und der für die Chemieindustrie zuständige Treuhand-Vorstand Klaus Schucht zauberte gar einen neuen Interessenten für Buna und die Cracker-Anlage der sächsischen Olefinwerke AG in Böhlen aus dem Hut: Ein Firmenkonsortium unter der Leitung des Thyssen- Handelsunion wolle die beiden Altlasten als Ganzes übernehmen. Ob damit der italienische Staatskonzern Eni aus dem Rennen ist, ließ der Treuhand-Manager aber offen. Erwin Single

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