piwik no script img

Adrienne: allein gegen den Rentner-Club?

■ Architektur-Studenten sympathisieren mit der umstrittenen Hfbk-Präsidentin / Ein Stimmungsbild aus der Hochschul-Mensa

/ Ein Stimmungsbild aus der Hochschul-Mensa

„Adrienne Goehler ist tierisch in Ordnung für die HfbK“, sagt Thorsten Hamm. Der Architektur-Student verweist auf eine kleine Wendeltreppe aus Zement, die aus dem Kellerfenster der Mensa ins Freie führt. Studenten hatten sich im Sommer einen direkten Zugang zum kühlen Eilbek-Kanal bauen wollen. Die Behörde hat es dann doch noch verboten, aber im Prinzip, sagt Thorsten, biete Adrienne Goehler den Rückhalt, solche Dinge eignenständig zu machen, ohne viel zu fragen.

Sein Kommilitone Karsten Wagner formuliert es noch schärfer: „Wir Studenten sind tierisch sauer, daß diese Gruppe der Adrienne- Gegner nichts Besseres zu tun hat als sich diesem Konflikt zu widmen.“ Es gebe wichtigere Probleme an der Kunsthochschule: mangelnde Ausstattung, wenig Geld, Professoren, die einfach nicht kommen und trotzdem Gehalt beziehen; und ganze Fachbereiche, die wegen der Überalterung nur noch als „Rentner-Club“ zu bezeichnen seien. „Kein Wunder, daß diese Herren sich von einer 36jährigen Frau nichts sagen lassen wollen“.

Die Spuren der drei Jahre währenden Goehler-Aera sind nicht zu übersehen. Zur Zeit ist die HfbK nur über eine Holzbrücke zu erreichen. Das neue Eingangsportal, auf Bitten der Präsidentin von einem HfbK-Architekten entworfen, ist im Bau: eine ovale Treppe mit Säulen drum herum.

Allein um diese Entscheidung hatte es im Frühjahr furchtbar viel Ärger geben. Eine von fünf Verfehlungen, die 18 Professoren der HfbK-Chefin im April in einer 15seitigen Dokumentation aufführten. Die Freien Künstler, so der Vorwurf, seien nicht gefragt worden. Im Sommer gab es dann 27 Unterschriften und eine 81 Seiten dicke Dokumentation, in der der Präsidentin vorgeworfen wird, „egomanisch, besserwisserisch, arrogant, machtbesessen und anmaßend“ zu sein. Goehler selbst hat daraufhin ein Disziplinarverfahren gegen sich beantragt. Bis dies geklärt ist, soll sie, so die Anweisung der Wissenschaftsbehörde, ebenso wie ihr Haupt-Gegenspieler Joachim Lenger den Mund halten.

Doch das Thema beschäftigt die Medien notgedrungen weiter. Erst letzte Woche forderte der Akademische Senat der Kunsthochschule Adrienne Goehler zum Rücktritt auf. Ein Beschluß, der nach Ein-

1schätzung von Architektur-Professor Hartmut Frank vorherberechenbar war. Hatte es doch bei der jüngsten Wahl zum Konzil erstmals in der Geschichte der HfbK eine Listenabsprache gegeben. Goehler- Gegner verabredeten, sich nur untereinander zu wählen. Ergebnis: Im Hochschulparlament sitzen nur noch zwei Goehler-Freunde insgesamt 13 Goehler-Gegnern gegenüber. Im daraus erwählten Akademischen Senat sitzt gar kein Goehler-Freund mehr. „Die eine Seite

1hat geschlafen“, sagt Professor Frank, der sich ursprünglich zu den Goehler-Kritikern zählte, inzwischen aber seine Meinung revidiert hat. Glaubt man seiner Einschätzung, kann die Mehrheit der HfbK- Professoren mit Frau Goehler leben. „Sie hat gelernt“ sagt er: Die Präsidentin habe begriffen, daß es an der HfbK gravierende strukturelle Probleme gebe. Ein Feld, auf dem die Goehler-Gegner nichts anzubieten hätten.

Während Architektur-Studenten

1mit Goehler sympathisieren, äußern sich andere indifferent. „Da hat halt ein neuer Klüngel den alten abgelöst, und der ist deshalb sauer“, sagt Pädagogik-Student Ernst Scharlach. „Ich versteh den Konflikt sowieso nicht“, sagen viele andere. Ein Kunststudent, der kurz vorm Abschluß steht, äußert gar die Befürchtung, Hamburgs Galeristen würden sich für den HfbK- Nachwuchs nicht mehr interessieren. Die Schuld dafür gibt er Frau Goehler. Kaija Kutter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen