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Rotstift statt Buntstift regiert

■ Eltern und GEW protestieren: Sachmittel an Schulen werden um 25 Prozent gekürzt/ Unterrichtsstunden fallen aus

Berlin. Die Ganztagsgrundschule Werbellinsee wird im kommenden Jahr ganze 20 Mark pro Kind und Jahr für die Freizeitgestaltung am Nachmittag zur Verfügung haben. „Damit können wir noch nicht mal den Verschleiß an Rollschuhen oder Bastelmaterial bestreiten“, klagte Schulleiterin Ellen Hansen gestern auf einer Pressekonferenz der GEW. Auch die Sachmittel für den Lehrbereich werden drastisch gekürzt. „Experimente in Physik oder Chemie können wir jetzt kaum noch machen.“ In der Grundschule Weißensee sind die sanitären Anlagen in einem katastrophalen Zustand, die Türrahmen und Dachrinnen sind defekt, die Turnhalle hat keinen Notausgang, und gestohlene Geräte müssen aus laufenden Mitteln bezahlt werden. Die unzumutbaren Klassenräume der Röntgenschule in Neukölln renovierten die Eltern selbst.

Rund 200 Mängellisten von Berliner Schulen sind auf eine Befragung der GEW hin bei der Gewerkschaft eingegangen. Keine ist darunter, die nicht über desolate Räumlichkeiten, überfüllte Klassen, Sachmittelkürzungen, betonierte Pausenhöfe und zu wenig Fachräume klagt. „Seit 1990 ist der Schuletat in Berlin um 25 Prozent pro Schüler gekürzt worden“, sagte GEW-Vorsitzender Erhard Laube. Den neuerlichen Einsparungen vor allem im Sachmittel- und im Instandsetzungsbereich stünden rapide wachsende Schülerzahlen gegenüber. Von den Verschlechterungen seien vor allem sozial belastete Bezirke mit starkem Schülerzuzug betroffen wie Kreuzberg, Wedding, Hohenschönhausen oder Marzahn. „Allein um den Stand von 1991 aufrechtzuerhalten, den Nachholbedarf in Ostberlin noch gar nicht mitgerechnet, bräuchten die Schulen 700 Millionen mehr“, so Laube. Berlin falle mit dem neuen Schuletat von 3,5 Millionen für 880 Schulen hinter den Standard vergleichbarer Ballungsgebiete zurück. GEW-Pressesprecherin Erdmute Safranski kritisierte die Stundenplankürzungen. „In vier Jahren wurden 25 Wochenstunden eingespart, das ist ein ganzes Schuljahr.“ Die Diskussionen um eine Verkürzung der Schullaufbahn sei in dem Zusammenhang nicht als bildungspolitische, sondern als Sparmaßnahme zu verstehen. Zum Vergleich herangezogene Länder hätten alle Ganztagsschulbetrieb.

Gegen die Rotstiftpolitik des Senats veranstalteten GEW und Elterninitiativen einen Aktionstag. An verschiedenen Schulen fanden Vollversammlungen statt. In Schöneberg und Tiergarten protestierten Delegationen von Schulen und Kitas bei den Bürgermeistern. Im Anschluß an eine Demonstration wurden Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) die Mängellisten überreicht. cor

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