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Nichts begriffen-betr.: "Somnamboulevard - IhrenDrogenführerschein bitte", taz vom 26.11.92, "Rock for Grown-Ups" (Jimi Hendrix), taz vom 27.11.92

Betr.: „Somnamboulevard – Ihren Drogenführerschein bitte“, taz vom 26.11.92, „Rock for Grown- Ups“ (Jimi Hendrix),

taz vom 27.11.92

Langsam geht mir Eure Drogenberichterstattung auf die Nerven: „verharmlosend“ ist ein harmloser Begriff dafür. „Hanf als Medizin“, auf dem Somnamboulevard Verarschung bezüglich „Drogenführerschein“, Jimi Hendrix in der heutigen Ausgabe idealisiert – da sprechen meines Erachtens unreflektierte postpubertäre, nur körperlich gealterte Kiffer, die vom Elend der Drogenabhängigen noch nichts begriffen haben.

Seit mehr als drei Jahren arbeite ich in einer Klinik für Drogenabhängige und werde mit dem biographischen Leid dieser Menschen und der Kaputtheit unserer Gesellschaft konfrontiert: viele kommen aus den brutalsten Gewaltverhältnissen, haben selbst alkoholkranke Eltern, wurden sexuell mißbraucht oder kommen aus reichen Familien, wo sie emotionell verwahrlosten. In der ganzen drogenpolitischen Debatte werden das Leid und die Schmerzen, die mit Betäubungsmitteln gewaltsam nieder„geballert“ werden, nicht erwähnt. Ebenso nicht in der taz, die ich ansonsten sehr schätze.

Die Linken, bei Psychosekranken gegen die psychopharmakologische Medikation pauschal für die Freiheit des Irreseins eintretend (auch hier das Elend der Menschen verleugnend), wollen Suchtkranke mit Methadon vollstopfen, sie massenweise betäuben, anstatt sich mit dem gesellschaftlichen und individuellen Leid in den Familien und Einzelpersonen auseinanderzusetzen, sowie dafür entsprechende Gelder für gut ausgebildetes Personal in entsprechenden Einrichtungen zu fordern.

Mit Akzeptanz von Betäubungsmittelgebrauchern hat das nichts zu tun, sondern mit Ignoranz der inneren und äußeren Realität diesen psychisch schwer geschädigten Kranken gegenüber. [...] Manuela Anwander,

Dipl.-Psych., München

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