: Landesüblicher Volks-Humor
■ Werbung mit Nazi-Symbol im Blatt: Der 'Spiegel–, sonst große Klappe, hat keine Meinung
im Blatt: Der Spiegel, sonst große Klappe, hat keine Meinung
1
2å „Je kleiner der Lautsprecher, desto unerfreulicher normalerweise das, was vorne rauskommt“, meint die Hamburger HiFi-Firma Dynaudio und will mit ihren neuen Mini-Boxen den Gegenbeweis liefern. Mehr als unerfreulich ist jedoch die entsprechende Anzeige des Unternehmens im neuen Spiegel.
„Der kleinste Lautsprecher seit Joseph G.“, dichtete der Werbetexter, und ein Foto demonstriert: Kaum größer als die Offiziersmütze des NS-Propagandaministers ist das gute Stück. „Angesichts der sich hierzulande gerade mal wieder ausbreitenden falschen und häßlichen Töne“ gestattet sich die Firma „einen dezenten Hinweis“ auf ihr bombiges Produkt. Dieses ist nämlich kleiner als der „landesübliche Volksempfänger“ (sic!) und schafft trotzdem die „Götterdämmerung“.
Der Spiegel, ebenfalls sehr dezent, tat ein übriges und plazierte den Text mitten in die Israel-Berichterstattung. Wollt ihr die totale Geschmacklosigkeit?
Seit dem Erscheinen der Anzeige stehen sowohl beim Spiegel als auch in der Zentrale der besagten Firma die Telefone nicht mehr still. Dabei war alles doch so gut gemeint: „Wir wollten uns nur lustig machen über die Person Goebbels“, beteuert Wilfried Ehrenholz, Geschäftsführer des HiFi-Unternehmens. Der Entwurf für die Anzeige sei bereits vor zehn Monaten entstanden, als Teil einer Werbekampagne unter dem Titel „Wahrheit und Lüge“. Daß sich die Welle rechtsradikaler Gewalt derart verschlimmern werde, habe man damals nicht vorhersehen können.
„Ein Bezug zu politischen Inhalten war nicht beabsichtigt“, so der Geschäftsführer. Die Anzeige werde auch mit Sicherheit kein zweites Mal erscheinen. Der Spiegel lehnte gestern jede Stellungnahme ab. Unerfreulich das, was vorne rauskommt. Vielleicht hätte das Unternehmen sich besser an ein Kanzlerwort halten sollen: Wichtig ist, was hinten rauskommt ... Uli Mendgen
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen