piwik no script img

Aus der Königlich-bayrischen Erfolgsdrogerie

von Detlef Diederichsen

Seit einiger Zeit treibe ich mich aus verschiedenen Gründen wieder verstärkt im Hamburger Nachtleben herum. Und obwohl ich der Meinung bin, daß die hiesige Ausgehkultur mittlerweile zur Weltspitze gehört, muß ich doch bedauernd feststellen, daß einem nur ganz, ganz selten mal eine Frau über den Weg läuft, die einen so vielversprechenden Eindruck wie die Kuchen futternde Brenda Kahn im Booklet ihrer vorzüglichen, brandneuen CD Epiphany In Brooklyn macht. Der erste Titel heißt „I Dont Sleep. I Drink Coffee Instead“. Ich las irrtümlich zunächst nur die erste Zeile: „I Dont Sleep, I Drink“, und dachte - genau, ich bin also doch nicht der einzige, der Alkohol als Aufputschmittel versteht. Ich benutze Schnäpse und Knollen nämlich vornehmlich, um die lästige Nachmittagsmüdigkeit zu vertreiben. Andere, man weiß es, haben gänzlich andere Motive. Aber es gehört ja zu den Vorteilen dieser Erfolgsdroge, daß jeder Erdenbürger mit ihr andere Erfahrungen macht!

Meine liebste und beste Freundin ist vor vier Monaten in ihre Heimatstadt München zurückgekehrt. Vorbei also die nächtlichen Gelage auf meinem Balkon, zu denen uns dieser Jahrhundertsommer reichlich Gelegenheit gab. Stattdessen müssen wir uns telefonisch zuprosten. Seit kurzem hat sie interessanterweise für sich eine neue Form der Alkoholnutzung endeckt: Sie trinkt, um sich „aufführen“ zu können! Als wohlerzogene Tochter eines Königlich-bayerischen Kirchenmusikers hat sie sich trotz einer wilden Vergangenheit im Münchner Punk-Untergrund noch gewisse Hemmschwellen bewahrt. Wenn sich ihr Unbewußtes derer entledigen will, weckt es in ihr den Appetit auf feines dunkles Weißbier - und schon kann sie ungestört Freunde beleidigen und fremden Männern um den Hals fallen. Weshalb seit einiger Ziet bei mir regelmäßig so gegen halb fünf in der Nacht (München hat Sperrstunde!) das Telefon klingelt und sie mir kaum noch bei Bewußtsein aber glücklich entgegenstammelt: „Detlef, es war schon wieder so endpeinlich...“

P.S.: Für alle, die ihre Lieben diesmal nicht mit formschönen Wärmekörpern, selbstgehäkelten Schornsteindächern oder Hundertmarkscheinen, sondern mit Musik beglücken wollen, hier der sensationelle taz-Geschenkservice: Senden Sie mir eine kurze Charakteristik des zu Beschenkenden - Foto wäre schön, aber muß nicht sein - und ich werde persönlich einige Tonträger Geschenkvorschläge machen. Anfragen an die Kulturredaktion der taz- Hamburg, Stichwort: Geschenkservice, Chemnitzstraße 78, 2000 Hamburg 50. Rückporto nicht vergessen!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen