Kein Verständnis für Trash-Kultur?

■ Veranstaltung über DDR-Ästhetik an der Fachhochschule wurde von den Verantwortlichen selbst gesprengt

an der Fachhochschule wurde von den Verantwortlichen selbst gesprengt

Es hatte alles so anheimelnd begonnen: Lübzer Bier, Cottbuser Kekse und Banane wurden gereicht, aus den Lautsprechern quoll SED-Propaganda über FDJ-Aufmärsche. Sitz-Elemente aus den 70ern, in hellem Beige gehalten, gruppierten sich um niedrige, runde Tischchen mit Resopalbeschichtung. Dazwischen drängelte sich schickes Volk des Westens, und goutiert - trendy und hip - den schlechten Geschmack des Ostens.

Doch der Ost-Abend in der Fachhochschule für Kunst und Gestaltung hatte mehr zu bieten als Mitropa-Bar und Modenschau, bei der StudentInnen der Fachhochschule Strickkleider und Perlon-Anzüge aus den 70ern vorführten. Er bot zum Schluß vor allem Anlaß zu heftigster Diskussion, denn die Chefin des Hauses wurde nicht nur ausgebuht sondern kräftigst beschimpft. Sie habe, so die Fachbereichssprecherin Alexandra Albrand, eine „Spurensicherung von ästhetischen Elementen der DDR“ mit dieser Festivität vornehmen wollen. Diese sah sie nach einer Rede des Kultur-Aktivisten Ulrich Rehberg nicht mehr gewährleistet. „Das soll keine kabarettistische Veranstaltung sein!“, rief sie. Doch als was sonst sollte man eine Darbietung einordnen, bei der ein stadtbekannter „Verwirrer“ (Rehberg über sich selbst) und Alt-68er im blauen FDJ-Hemd ans Mikrofon tritt, und aus selbstgebastelten Stilblüten und DDR-Sprachversatzstücken eine glühende Rede über sozialistische Ästhetik hält und zur Rettung von Erich Honnecker und der KED, der „Kommunistischen Einheitspartei Deutschlands“, aufruft.

Zum Höhepunkt des Abends geriet jedoch der Auftritt der „Liedertafel Margot Honecker“. Zu akustischer Klampfe wurde sozialistisches Liedgut geschmettert, der Blick geradeaus, die Bäckchen rosa, die Kleidung FDJ-korrekt. Das Publikum johlte. Die Liedertafel genießt in Insiderkreisen ein hohes Ansehen. Doch den Verantwortlichen der Fachhochschule wurde es zu bunt: Sie stürmten zum Mikrofon und beklagten „betroffen, was hier im Lande gerade passiert“, da dürfe man nicht drüber lachen!

Gemeint waren wohl die rechtsradikalen Übergriffe, die die ex- Ostlerin Albrand mit den Machenschaften des SED-Regimes vergleichen wollte. Die Fachbereichssprecherin und Verantwortliche für den Ost-Abend wurde daraufhin heftig beschimpft und mit lauten Buh-Rufen von weiteren pädagogisch gemeinten Moral-Vorträgen abgehal-

1ten. Damit war die ganze Veranstaltung gesprengt, es bildeten sich plötzlich Diskussionsgrüppchen. Da erklärten dann westliche Kultur- Bohemiens, den wenigen erschienenen Ostlern das Wieso und Warum und ihre Sichtweise von Trash-Kultur.

1Und die Chefin des Hauses, die diese Veranstaltung selbst ins Leben gerufen hatte, beklagte sich über „den Voyeurismus der satten Studenten“, die doch ihre eigenen Studenten sind. Sie ist „nicht einverstanden mit der Reaktion des Publikums“ und distanziert sich

1ausdrücklich von der Veranstaltung. „Denn das war das Leben für uns“, sagt sie, die mit sechs Jahren in die BRD übersiedelte. „Die Parolen der Liedertafel Margret (Anm. d. Autorin: Margret ist kein Schreibfehler!) Honecker mußte man ja mitsingen.“ Greta Eck