Schweizer Kuhglockentaktik war vergeblich

■ Die Tennisspieler der USA schlugen die Mannschaft der Schweiz mit 3:1, gewannen zum 30. Mal den Davis-Cup und fröhnten lustvoll dem nationalen Pathos

Fort Worth/Berlin (taz) – Kaum ein Sportereignis zieht derartig hochnotpeinliches Benehmen erwachsener Menschen nach sich wie ein Finale im Davis-Cup. Mit Grausen entsinnt man sich der tränenfeuchten Vorstellung der Franzosen 1991, als die Mannen um Yannick Noah die Amerikaner schlugen und sich vor lauter Musketier-Glück und Nationalstolz heulend und greinend auf dem Boden wälzten.

Die Amerikaner, unerreichte Experten für kitschigen Nationalpathos, bissen lange an der verpaßten Chance zum Stars-and-Stripes- Wedeln. Und schworen hernach in der Kabine einen feierlichen Eid: Nie wieder sollte ähnlich Demütigendes passieren!

Als Gegenmittel reaktivierten sie einen Altmeister, der nichts mehr haßt als zu verlieren: John McEnroe – jener Mann, der Schiedsrichtern schlaflose Nächte bereitet und vor dem selbst die eigenen Kompagnons erzittern, wenn er in Wut gerät. Am Samstag bekam Pete Sampras den Zorn des Meisters zu spüren, als die beiden um ein Haar das Doppel gegen die Schweizer verloren hätten. McEnroe tobte, wütete und predigte, bis Sampras sich zusammenriß und lieber gewann, als weiter das Lamento des Einpeitschers anhören zu müssen.

Dannach nahm sich McEnroe, zum letzten Mal beim Davis-Cup dabei, offenbar Jim Courier zur Brust, der tags zuvor sein Einzel gegen Marc Rosset verloren hatte. Die Drohungen, die Meister Mac aussprach, waren zweifellos gemein. Wahrscheinlich kündigte er dem Baseballfreak den sofortigen Entzug seiner Schildkappe an, falls er auch gegen Jakob Hlasek verlöre. Courier ging in sich, gewann 6:3, 3:6, 6:3, 6:4, sicherte damit den USA zum 30. Mal den Davis-Cup und sich selbst die Kopfwärme.

„Ich wollte unbedingt mithelfen, den Pokal zu gewinnen. Das ist ein ganz besonderer Sieg“, behauptete der 22jährige Courier hernach, doch die großen Worte schwang US-Teamchef Tom Gorman in General-Schwarzkopf-Manier: „Unsere Mission ist erfüllt, der Cup gehört wieder uns.“ Es folgte die obligatorische Bannerschwing-Nummer von Pete Sampras, Andre Agassi, John McEnroe und Jim Courier, und das Volk im Tarrant County Convention Center zu Fort Worth war zufrieden.

Zudem weiß man im Rinderstaat Texas seit dem Wochenende, welche leistungssteigernde Wirkung ein paar Dutzend Schweizer Kuhglocken haben können. Der Krach, den die Schweizer Fans mit den volkstümlichen Kastagnetten veranstalteten, war selbst für lärmende Amerikaner eine Offenbarung. Erhobenen Hauptes konnte die tapfere Schweizer Delegation Fort Worth verlassen, fast so, als hätten sie gewonnen. „Wir haben gekämpft wie die Löwen“, vermerkte Kapitän Dimitri Sturdza stolz. Jakob Hlasek ergänzte: „Was wir gezeigt haben, war phantastisch. Wir waren ein kleiner David gegen einen Goliath, und ich hoffe, wir haben vielen anderen Davids Hoffnung gemacht.“ miß

Ergebnisse vom Davis-Cup-Finale: USA - Schweiz 3:1. Agassi - Hlasek 6:1, 6:2, 6:2; Courier - Rosset 3:6, 7:6, 6:3, 4:6, 4:6; McEnroe/ Sampras - Hlasek/Rosset 6:7, 6:7, 7:5, 6:1, 6:2; Courier - Hlasek 6:3, 3:6, 6:3, 6:4. Das letzte Einzel wurde nicht mehr gespielt.