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China: Viele Gefangene gefoltert

■ ai: Mißhandlungen haben noch zugenommen

Berlin (taz) – In den Augen seiner Pekinger Gastgeber hat sich Bundesaußenminister Klaus Kinkel bei seinem China-Besuch im November ganz vorbildlich benommen. Sehr zu ihrer Freude stellte er fest, die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und China seien „normalisiert“. Überdies zeigte er sich recht unwillig, etwas über die Lage der chinesischen Menschenrechte zu sagen. Statt dessen erklärte Kinkel, eine diesbezügliche Kritik stehe der Bundesregierung als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ des Gastlandes nicht zu, im übrigen wolle er sich in „stiller Diplomatie“ üben.

Er hätte es besser wissen können – und müssen. Denn allen offiziellen Äußerungen und Gesten der chinesischen Regierung zum Trotz hat sich die Situation in chinesischen Polizeistationen, Gefängnissen und Arbeitslagern in den vergangenen Jahren nicht gebessert. Im Gegenteil: Wie ein gestern von der Menschenrechtsorganisation amnesty international vorgelegter Bericht zeigt, wird im Gewahrsam der Sicherheitskräfte mehr gequält und mißhandelt als noch vor wenigen Jahren – ungeachtet der Tatsache, daß China 1988 die UNO-Konvention gegen die Anwendung der Folter unterzeichnet hat. Damit hat sich die Pekinger Regierung verpflichtet, alles zu tun, um Folter und Mißhandlungen durch die staatlichen Organe in China zu verhindern. Wo sie dennoch vorkommen, müssen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden.

In ihrem sechzig Seiten umfassenden Bericht dokumentiert amnesty international, wie verbreitet Folterungen in allen Teilen des Landes sind und mit welch unvorstellbarer Brutalität gegen Gefangene – darunter auch Frauen und Kinder – vorgegangen wird. Um Geständnisse zu erzwingen oder Gefangene zur „Einsicht“ zu bringen, wird geprügelt, oft mit elektrischen Schlagstöcken. Wer in die Hände der Justizorgane oder Polizei gerät, muß befürchten, über lange Zeiträume in winzigen Dunkelzellen eingesperrt zu werden, die weder aufrechtes Stehen noch ausgestrecktes Liegen erlauben. In der Provinz Hunan wurden Gefangene monatelang auf flachliegende Holztüren gekettet, wobei die Arme und Beine kreuzähnlich an den Türecken befestigt wurden. Vielerorts werden Schwerverbrecher als „Kapos“ eingesetzt, die andere Gefangene quälen und sich dadurch bei den Knastwärtern das Recht auf gewisse Privilegien erwerben, heißt es in dem Bericht. Die Behörden hätten nicht einmal die grundlegendsten Schritte unternommen, um die Gewaltanwendung zu unterbinden. li

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