: „Taunusfront“ gegen Molotowcocktails
■ Gewaltverzicht neonazistischer Gruppe von drohendem Verbot inspiriert
Berlin (taz) – „Wer heute Molotowcocktails gegen Asylantenheime schleudert, verkennt, wer der wahre Schuldige an der wirtschaftlichen Misere und politischen Unfähigkeit in diesem Land ist.“ Eine erstaunliche Äußerung – zumindest wenn sie aus dem Munde von Neonazis stammt. In einer „Rostocker Erklärung“, die der taz per Post zuging, erklärt eine „Taunusfront“ mit Sitz im gleichnamigen Mittelgebirge: „Die Taunusfront lehnt diese Form der Auseinandersetzung mit Asylanten und Ausländern strikt ab und verurteilt solche Übergriffe.“ Die Verfasser, die sich selbst als „radikal, autonom, national und sozialistisch“ charakterisieren, wollen die Erklärung als „Diskussionsgrundlage für Parteien, Organisationen und Vereinigungen des nationalen Widerstandes sowie deren politische und weltanschauliche Gegner“ verstanden wissen.
Bemerkenswert die Einschätzung, wonach „in Hoyerswerda und Rostock hauptsächlich CDU- und SPD-Wähler auf der Straße waren, um ihren randalierenden Kindern Beifall zu klatschen“. Festgestellt wird weiter, „daß eine Eskalation [...] durch die entsprechenden Innenministerien gewollt provoziert wurde, um somit den Druck auf der Straße zu erzeugen, der notwendig ist, um entsprechend neue Gesetze gegen Asylanten und gleichzeitig gegen national gesinnte Deutsche durchsetzbar zu machen“.
Tragendes Moment ist die Aussage, daß auf der einen Seite die Asylgesetze „wegen wirtschaftlicher Aspekte“ geändert, gleichzeitig aber „die Stimmen nach einer Verschärfung des Landfriedensbruchparagraphen laut werden und auch die Forderung nach einem Verbot aller nationalsozialistischen und volkstreuen Kräfte des nationalen Widerstandes wieder auf die Tagesordnung“ komme. Die Ablehnung der Gewalt erweist sich so als taktisches Argument, aus der Furcht vor einem Verbot neonazistischer Organisationen. An ihrer Haltung zu AusländerInnen lassen die Verfasser keinen Zweifel: „In einem von uns geführten Volksstaat [würde es] keinen Platz für eine derartig große Zahl von hier lebenden Asylanten und Ausländern geben.“ Zudem würde „unser Zusammenleben durch Rassegesetze geregelt“. In dem Schreiben heißt es auch: „Wir gestehen aber auch jedem einzelnen Deutschen ein Widerstands- und Notwehrrecht gegenüber Übergriffen durch Ausländer und Asylanten zu.“ Sexualverbrechern, Drogenhändlern und überhaupt Kriminellen gehöre das Handwerk gelegt – Deutsche inklusive. Wolfgang Gast
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