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Karlsruher Richter empfangen Maria

■ Das Bundesverfassungsgericht beginnt die Beratungen zur Reform des Paragraphen 218

Karlsruhe (taz) – Vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts begann gestern die Verhandlung um das vom Bundestag verabschiedete neue Abtreibungsrecht. Passend zu Mariä Empfängnis, wie Ernst Gottfried Mahrenholz, Vorsitzender Richter des Zweiten Senats, in seinen Eingangsworten anmerkte.

Ganz in der Tradition deutsch-konservativer Rechtsphilosophie prüfen die Karlsruher RichterInnen über zwei Tage hinweg nüchtern und unabhängig, ob die im Sommer vom Bundestag beschlossene Fristenregelung mit Beratungspflicht verfassungskonform ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Verhandlungen in Karlsruhe platzen Besucherraum und Pressetribüne schier aus allen Nähten. Dabei geht es noch gar nicht um die endgültige Entscheidung. Mit ihr wird erst im kommenden Jahr gerechnet. Der Eindruck, Gesetze würden nicht in Bonn, sondern letztendlich in Karlsruhe gemacht, drängt sich gerade im Fall der ideologisch geführten Abtreibungsdebatte auf. So stellte Schleswig- Holsteins Ministerpräsident Björn Engholm gestern in seiner Stellungnahme fest, für den Fall, daß das neue Abtreibungsrecht als verfassungswidrig eingestuft werde, fürchte er um den Entzug der Legitimation des Bundesverfassungsgerichts. Millionen von Frauen und Männern würden einem solchen Rückfall der Rechtsprechung nicht folgen können. „Niemand kann der schwangeren Frau die Entscheidung abnehmen“, lautete sein Plädoyer an die Roten Roben. Brandenburgs Frauenministerin Regine Hildebrandt gab zu bedenken, daß das Verfassungsgericht im Osten ein „Sinnbild für Rechtsstaatlichkeit“ sei. Immerhin, und darauf verwiesen die beiden SPD-Abgeordneten Herta Däubler-Gmelin und Inge Wettig-Danielmeier, habe das neue Gesetz einen Gesamtkonsens geschaffen, hinter dem Abgeordnete aller Fraktionen und die Mehrheit der Bevölkerung stehen.

Wer dagegen die Klägerseite hört, könnte meinen, der Bundestag habe durch das neue Abtreibungsrecht mit einem Federstrich das Patriarchat ausgehebelt. In salbungsvollen Worten betonte Wolfgang Bötsch, stellvertretender Vorsitzender der CSU, die Fristenregelung laufe darauf hinaus, „demjenigen das Lebensrecht zu nehmen, der schutzlos ist, der sich nicht wehren kann“. Die beiden Klagevertreter der Unionsabgeordneten, Fritz Ossenbühl und Peter Lerche (letzterer Mitglied der Juristen-Vereinigung Lebensschutz), meinen in ihrer Klagebegründung, durch das neue Recht würde „die unkontrollierbare Entscheidung der Schwangeren“ nicht nur „strafrechtlich toleriert, sondern sozialrechtlich prämiert“. Wie eine Abbruchentscheidung der Frau zustande kommt, wissen beide sehr genau: „Es ist allgemein bekannt“, heißt es in ihrer Begründung, „daß ein nicht geringer Prozentsatz der Schwangerschaftsabbrüche auf ,nicht einsichtigen Motivationen der Bequemlichkeit, des Egoismus, besonders des Konsumstrebens‘ beruht.“

Gestern ging es nach dem Konzept der Verhandlungsgliederung in erster Linie um die verfassungsrechtlichen Grundlagen. Nicht die Persönlichkeitsrechte der schwangeren Frau standen im Mittelpunkt der Erörterung, sondern, wie kaum anders zu erwarten, der Schutz werdenden Lebens. Die Bayerische Normenkontrollklage von 1990, die die soziale Indikation mißbilligt, soll erst am heutigen Mittwoch näher erläutert werden. Karin Flothmann

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