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Beweislage gleich null-betr.: "Mölln hätte verhindert werden können", taz vom 3.12.92

betr.: „Mölln hätte verhindert werden können“, taz vom 3.12.92

[...] Bild und Volkes Stimme, zum Beispiel der Taxifahrer, der mich gestern Abend nach Hause karrte, sagen, es wird viel zu wenig verhaftet und das Haftrecht ist zu milde, und hätte man diesen Raubmörder nicht auf Bewährung nach 15 Jahren freigelassen oder jenen „Sittenstrolch“ nach vermeintlich gelungener Behandlung wieder in die Freiheit gesetzt, dann wäre dies und jenes nicht passiert. Jeder weiß, daß das Unsinn ist.

Die Strafprozeßordnung ist in ihrer derzeitigen Ausformung gegenüber dem, was vorher war, eine Errungenschaft, und sie ist natürlich auf jeden gleicherweise anzuwenden, weil es Ausnahmegesetze in dieser „zivilen“ Republik bekanntlich nicht geben darf, und so ist auch die Vermutung, dieser Haftrichter, dem die Beweislage für einen Haftbefehl im Falle Peters zu schwach war, könne „politische“ Motive bei seiner Entscheidung gehabt haben (wobei nicht bestritten wird, daß politische Ansichten bei Richtern und Staatsanwälten eine Rolle spielen können!), so lange eine journalistische Unverschämtheit, bis Ihr ihm dies wirklich nachweisen könnt. Aber Eure Beweislage ist gleich null – trotzdem spürt man es Eurem Artikel an, daß Ihr allzugerne einen Haftbefehl für diesen Richter ausstellen möchtet, weshalb man wiederum froh ist, daß Ihr nur Schreiber und keine Richter seid.

Ob Mölln oder irgendeine vergleichbare Handlung unterblieben wäre, hätte der Richter verhaftet, was ihr nebenbei bemerkt in vielen anderen Fällen kritisiert hättet, ist sehr unwahrscheinlich, da der gängige Rassismus in Deutschland ja keine ausschließliche Sache von einem Herrn Peters, sondern ein sehr weitverbreitetes Phänomen ist. Klaus W.Kowol, Gummersbach

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