piwik no script img

Kükenzucht in der Fördemetropole

■ Kunstturnen: Nichts ist zu teuer für Spitzensport in der Provinz

EINWURF, AUSWURF

Kükenzucht in der Fördemetropole

Kunstturnen: Nichts ist zu teuer für Spitzensport in der Provinz

„Investieren Sie in das Talent Ihres Kindes!“ ist auf einem Plakat im Schaufenster eines Kreditinstitutes zu lesen. Al Bundy, Fernsehfamilienvater in der, zugegeben, doch recht unterhaltsamen Serie Eine schrecklich nette Familie

könnte sich nichts schlimmeres vorstellen, als sein weniges Geld seinen Kindern in den Rachen zu schmeißen.

Nicht so die Stadt Kiel. Auch wenn die Qualitäten von Kim Bühlow anders geartet sind als die von Fernsehtochter Kelly Bundy, ist es schon verwunderlich, zu welchem Firlefanz sich die Stadtväter Kiels hinreißen lassen, um das erfolgversprechendste Talent im deutschen Kunstturnen der Fördemetropole zu erhalten.

Für ihre 25 Übungsstunden steht dem nur 1.38 Meter messenden Turnküken das Kunstturnleistungszentrum der Landeshauptstadt zur Verfügung. Das modernste seiner Art in Europa wurde extra für die vielversprechende Karriere von Kim Bühlow aus dem Boden gestampft. Vor zwei Jahren, damals war das Zentrum noch im Bau, mußte sie immer in das Leistungszentrum nach Rostock fahren.

Als Trainer wurde Leo Cosma verpflichtet. Der ehemalige rumänische Nationaltrainer hat in seiner Heimat zahlreiche Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen geformt und gezüchtet. Cosma gilt als einer der besten Kunstturntrainer der Welt. „Er hat Kim bei einem Wettkampf entdeckt und fragte, ob er sie trainieren könnte“, erzählt Kims Adoptivmutter Maren Bühlow. Durch einen Sponsor konnte der Former der Zwerginnen an Kiel gebunden werden, steht dort ausschließlich der Schülerin zur Verfügung.

Für einen wichtigen Punkt hält die 13jährige das Familienleben: „Die familiäre Atmosphäre ist viel wichtiger als das Training“, sagt die Mutter, und Kim lächelt glücklich dabei. Deshalb ist das Turninternat in Frankfurt auch kein Thema für sie: „Besser als in Kiel können die Bedingungen doch gar nicht sein“, meint Maren Bühlow. Die am 16. November 1979 in Seoul geborene Kim wurde im Alter von zwei Jahren von ihren deutschen Eltern adoptiert.

Mit jetzt schon großen Namen von Zwergen wird sie am Wochenende bei der DTB-Turngala in der heimischen Ostseehalle auftreten. Etwa Witali Scherbo, Tatiana Gutsu und Swetlana Boginskaja. Die Nominierung durch den schleswig-holsteinischen Turnverband für die Schauveranstaltung ist Auszeichnung und Vorschußlorbeer zugleich – und Rentabilitätsrechnung. kader/dpa

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen