Aus für Haus der Demokratie?

■ Preussag als Liquidator einer NS-Firma erhebt Anspruch

Mitte. Am kommenden Dienstag wird es für das Haus der Demokratie in der Friedrichstraße 165, in dem seit der Wende die ehemaligen DDR-Bürgerrechtsbewegungen wie das Neue Forum und Bündnis 90 residieren, ernst. An diesem Tag entscheidet die „Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens von Parteien der DDR“ über die weitere Zunkuft des vierstöckigen Bürogebäudes. Die Weichen sind gestellt: Wie die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley vom Hausverein gestern mitteilte, hat das Sekretariat der Unabhängigen Parteien-Kommission die Empfehlung ausgesprochen, das Haus der Demokratie an die Liquidatoren der Nazi-Firma Oberschlesisches Steinkohlensyndikat, den Stahlkonzern Preussag AG aus Hannover, zurückzugeben. „Wir werden uns einer solchen Entscheidung auf keinen Fall beugen“, kündigte Bohley gestern vielfältigen Widerstand an.

Das Haus der Demokratie, bis zur Wende Sitz der SED-Bezirksleitung, war den Bürgerbewegungen im Dezember 1989 vom DDR- Minsterrat und Volkskammer zur Verfügung gestellt worden. Die Bürgerbewegungen schlossen im Mai 1990 mit dem im Grundbuch eingetragenen Eigner, der SED- Firma Fundament, einen Nutzungs- und später Kaufvertrag. Die Treuhandanstalt und die Unabhängige Kommission für Parteienvermögen erkannten den Verkauf des Hauses – ausgehandelt waren 60.000 Mark – jedoch nicht an. Im Herbst vergangenen Jahres meldete die hannoversche Preussag AG, als Nachfolgerin der beiden größten Anteileigner des Oberschlesischen Steinkohlesyndikats (OSS) einen RÜckübertragungsanspruch auf das Haus an. Das Kartell der sogenannten „Koksbarone“, dem während des Zweiten Weltkriegs nach dem Überfall auf Polen auch die dortigen Gruben eingegliedert worden waren, hatte das Haus 1941 von einer Brauerei gekauft. Daß die Preussag AG jetzt diese Erbschaft antreten will – größter OSS-Miteigentümer waren die Reichswerke Hermann Göring –, empfindet die Bürgerbewegung als blanken Zynismus. Bärbel Bohley verwies gestern darauf, daß der Besitz der Nazifirma OSS und damit auch das Haus in der Friedrichstraße 165 von den Alliierten im Oktober 1949 enteignet wurde, aber erst mit der sogenannten Liste 3 im Dezember bekanntgegeben wurde. plu