■ Mit Schwellenländern auf du und du: Südkorea im Wandel
Seoul (dpa/vwd) – Der südkoreanische Samsung-Vorstandschef Lee Kun Hee und Staatschef Roh Tae Woo haben eines gemeinsam: Beide sind seit fünf Jahren auf ihren Posten. Der eine übernahm im Dezember 1987 den Chefsessel des größten Industriekonglomerats, der andere zog wenig später in den Präsidentenpalast ein. Die expandierende Samsung ist das Lieblingsunternehmen Rohs. Doch während Konzernboß Lee Samsung bis zur Jahrtausendwende zu einem weltweit führenden High-Tech-Unternehmen ausbauen will, neigt sich die Amtszeit Rohs dem Ende zu. Und wäre Südkoreas Wirtschaft so gewachsen wie Samsung, der Präsident hätte einige Sorgen weniger gehabt.
Und dabei hatte alles so verheißungsvoll begonnen, als Roh sein Amt übernahm. Die Wirtschaft boomte mit zweistelligen Wachstumsraten, Exportrekorde wurden gebrochen, Handelsbilanzüberschüsse eingefahren. Korea vor dem zweiten Take-off, prophezeiten die Experten. Doch den Sprung in die industrialisierte Welt hat das Land nicht geschafft, der „kleine Tiger“ in Fernost mußte kürzertreten. Um nur 3,1Prozent, meldete die koreanische Zentralbank, kletterte das Bruttosozialprodukt im 3. Quartal diesen Jahres – das schlechteste Ergebnis seit über zehn Jahren. Dies sei nur ein weiteres Anzeichen für eine verfehlte Wirtschaftspolitik des Präsidenten, schimpften die Kritiker. Tatsächlich geriet der Staatschef Ende der 80er Jahre unter Druck, als die zweistelligen Exportzuwächse nachließen. Die Ökonomie war überhitzt, die Inflation nahm zu, und eine Spekulationswelle trieb die Bodenpreise in die Höhe. Heute werden wieder Defizite im Außenhandel eingefahren, und die Auslandsverschuldung steigt. Die Ursachen der wirtschaftlichen Probleme vermutet Jwa Sung Hee vom Koreanischen Entwicklungsinstitut jedoch an einer ganz anderen Stelle: „Südkorea steht heute mitten im strukturellen Anpassungsprozeß von einer lohn- zur kapitalintensiven Industrie.“ Mit einer Verdoppelung der Löhne in fünf Jahren hat das Land seinen Status als Billiglohnproduzent längst eingebüßt. Einst blühende Sparten wie die Textil- und Schuhbranche haben ihre Märkte an die Konkurrenz aus China oder Indonesien verloren. Heute gehen in Südkorea rund 20 Betriebe pro Tag pleite, vor allem in der mittelständischen Industrie. Dem Land steht ein schmerzhafter Prozeß bevor. Peter Lessmann
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