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"Wir sind Europäer"

■ Nicht deutsch, nicht ausländisch, sondern multikulturell: Fußballclub SC Europa

: Fußballclub SC Europa

Hamburg, Sportplatz Eiffestraße: Aus dem kleinen Umkleidehäuschen traben 15 Fußballer in den Regen hinaus. Im schwachen Scheinwerferlicht sind sie nur schemenhaft zu erkennen. Ihre Gespräche dringen jedoch bis zum Eingangstor. Ein Stimmengewirr aus Deutsch und Türkisch, das erst abbricht, als Christian Haase in seine Pfeife bläst. In Sekundenschnelle hat der Trainer die Liga-Mannschaft des SC Europa um sich versammelt.

Seit dem Frühjahr gibt es in Hamburg den Verein, der anders sein will. Nicht deutsch, nicht ausländisch, sondern multikulturell. „Wir fühlen uns als Europäer“, sagt selbst Hamza Kaia aus Kurdistan, während er seinen Fußball mit der Hacke zu Süleyman Ardec spielt. Der Türke stoppt das runde Leder und stimmt seinem Mitspieler zu: „Einen Unterschied zwischen Deutschen und Ausländern merkt man bei uns nicht. Das unterscheidet den SC von vielen anderen Klubs in Hamburg.“

Die Idee, den Verein SC Europa zu nennen und damit für Menschen aller Couleur interessant zu machen, hatte ein Österreicher. Walter Oberleitner, der Co-Trainer, fand: „In Zeiten zunehmender Ausländerfeindlichkeit müssen wir ein Zeichen setzen.“ Die Spieler waren von seiner Idee begeistert — das Vereinsregister jedoch nicht. Erst als die „Europäer“ mehrfach versichert hatten, daß sie mit ihrem Klub keine politischen, sondern nur sportliche Ziele verfolgten, wurde der Name aufgenommen.

Inzwischen gibt es beim SC Europa schon acht Nationalitäten, darunter mit Schiedsrichter Eddie Cissoko sogar einen Mann von der Elfenbeinküste. Fußball wird in zwei Kreisklassen-Mannschaften gespielt. Europa I hat zur Zeit 25:7 Punkte, Europa II 19:17.

Von Fremdenhaß ist auf dem Sportplatz Eiffestraße nichts zu spüren. „Wer ausländerfeindlich ist, wird schon merken, daß er bei uns nicht reinpaßt“, sagt Mustafa Mohammed aus dem Libanon, bevor er dem Afghanen Safi Fridoon den Ball vom Fuß spitzelt. Metin Güzel aus der Türkei bleibt einen Augenblick stehen und sagt nachdenklich: „Nach den Ereignissen in der letzten Zeit hören wir genauer hin, was Deutsche über Ausländer sagen. Früher hätten wir auf Sprüche wie 'Scheiß Türke‘ nicht reagiert, heute ist das etwas anders.“

Beim SC Europa kann man immerhin Probleme gemeinsam angehen. dpa

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