Stahlwerke retten?

KOMMENTAR

Stahlwerke retten?

Nun hat es auch die Hamburger Stahlwerke erwischt. Die Krise ist nicht so tief wie bei Klöckner in Bremen, die Minus- Beträge sind nicht so uferlos wie im Ruhrgebiet, die angekündigten Entlassungen eher gering. Sollte es da nicht möglich sein, mit ein paar Bürgschaftsmillionen aus der Stadtkasse 800 Arbeitsplätze zu retten?

Schon diese Frage ist falsch gestellt. Erst umgekehrt wird ein Schuh daraus: Macht ein Stahlwerk in Hamburg auf längere Sicht industrie- und energiepolitisch und im Rahmen der Stadtentwicklung Sinn? Ist es nicht gut, wenn die Vernichtung europäischer Überkapazitäten in Hamburg beginnt, die Aufschwungchancen Brandenburgs und der Tschechoslowakei dafür besser werden? Betont nicht gerade Hamburg immer wieder, wie wichtig ein Aufschwung im Osten für Hamburgs Zukunft ist?

Und: Für einen Ausstieg Hamburgs aus dem atomaren Wahnsinn von Stade, Brokdorf und Krümmel ist die Abschaltung eines Energiefressers absolut prima. Die Hamburger Aluminiumwerke und die Norddeutsche Affinerie könnten gleich folgen. Das wiederum böte Chancen zur Rettung Altenwerders ... Kurz: Notwendig wäre eine kluge Gesamtanalyse. Statt dessen erleben wir wieder Filz vom Feinsten. Gemauschel hinter den Kulissen, Schiebereien zwischen Landesbank und Senat, klammheimliche Deals mit den Gewerkschaften. Über das alles wird man jetzt noch die bittersüße Soße vom Gejammer um die Arbeitsplätze gießen, um nachher Filz und Subvention ihr Werk tun zu lassen. Mauschelei und Filz statt kluger Konzepte und transparenter Politik — so kennen und lieben wir unser Rathaus. Wer die richtigen Erwartungen an die Politik hat, wird von ihr selten enttäuscht. Florian Marten