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SanssouciNachschlag

■ Christoph Hagel und das Freie Kammerorchester Berlin

Ein bißchen leer war der Kammermusiksaal. Die Namen Christoph Hagel und Freies Kammerorchester Berlin sind noch keine Markenzeichen. Otto Sander hingegen hätte verkaufsfördernd wirken können – aber was hat Otto Sander in einem Kammerkonzert zu suchen?

Nun, er las einen Text vor, der schon Mozart nicht ganz überzeugt hat, die Schauermär nämlich vom guten Gomatz, der in die Sklaverei des Türken Soliman fiel, aber auch die Liebe der Zaide gewinnt, um die eben jener Türke flehte. Einer wie Sander ist mindestens nötig, um die Sache zu retten, bei ihm knarrten die Gefühle so bärbeißig allegorisch, daß Mozarts Versuche, daraus ein empfindsames Melodram zu verfertigen, doch Interesse weckten. Eine noch gräßlichere Unform als die Oper hatte seinerzeit modischen Erfolg, ausgerechnet Rousseau hatte damit begonnen, Texte erbaulichen Inhalts mit musikalischer Begleitung aufsagen zu lassen. Mozart tat sein Bestes, die Leiden des gefangenen Gometz lassen das Orchester seufzen, die Ungerechtigkeit der Welt grollt in den Bläsern, und die Verzweiflung des Mannes spreizt die Akkorde auf.

All das kann das Freie Kammerorchester spielen, wie es sich gehört, ohne falschen Respekt, aber so, daß das ästhetische Programm verständlich wird. Es konnte nicht gutgehen, Mozart war auf dem Weg zur Oper, Hagel allerdings will noch beim Fragment verweilen, er plant eine szenische Aufführung der „Zaide“. Zwei Arien waren am Montag vorweg zu hören, der junge ostdeutsche Bariton Torsten Frisch sang sie mit einer noch unausgeglichenen, aber insgesamt angenehmen Oratorienstimme. Wir komplettieren unser Mozart-Bild um diese Versuche eines Genies, die Sprache der Opera seria nachzuahmen.

Raritäten wollen eingerahmt sein, Hagel hatte sich für Schönbergs zweite Kammersymphonie als Einstieg entschlossen, die bekanntlich auch ein Werk des Suchens und Scheiterns ist, diese Spuren nie ablegen konnte und denn auch hier wieder sehr gediegen erklang. Auch damit wird dieses Orchester, das erst seit zwei Jahren besteht, fertig, erstaunlicher eher, wie mutig aufgerauht es Mendelssohns erste Symphonie bewältigt hat. Auch ein Frühwerk, aber eines, das sonst an Frühvollendung leidet. Hier nicht, Hagel dirigiert die hübschen Oberflächen so, daß darunter Mendelssohns Einfälle und seine Anleihen bei den Vorbildern um die Wette kreischen. Niklaus Hablützel

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