■ Gastkommentar: Kuratel statt Autonomie
Die Empfehlung der Landeshochschulstrukturkommission, statt der einzelnen Kuratorien einen Universitätsrat unter dem Vorsitz des Regierenden Bürgermeisters einzurichten, ist in mehrfacher Hinsicht die Wiederbelebung eines staatlichen Kuratels für die Hochschulen. Der Autonomiestatus der einzelnen Hochschule wird zugunsten des direkten Eingriffs der Landesregierung über den „Berliner Universitätsrat“ ausgehebelt. In diesem Gremium sollen nur noch Landesregierung, Universitäten und möglichst externe WissenschaftlerInnen vertreten sein. Damit wird die ursprünglich angestrebte direkte Einflußnahme von gesellschaftlichen Gruppen auf die Universität, wie beispielsweise Gewerkschaften, Frauen- und Umweltverbänden, allein reduziert auf den Interessenausgleich zwischen Regierung und Wissenschaft.
Eine bessere Koordinierung und eine abgestimmte Planung zwischen den Universitäten ist dringend erforderlich. Dies muß aber in erster Linie von den Universitäten selbst geleistet werden, und zwar in einem zu schaffenden Gremium, das die Autonomie und die durch die Kuratorialsverfassung gewonnene Kommunikation inner- und außeruniversitärer VertreterInnen nicht zerstört.
Wie weit die Vorschläge politisch durchsetzbar sein werden, hängt davon ab, ob die Universitäten diese Koordinierung mit den jetzigen Gremien schaffen und ihre Autonomie mit dem entsprechenden Nachdruck verteidigen werden, aber natürlich auch von den Koalitionären. Der Wissenschaftssenator hat sich bereits für einen Universitätsrat festgelegt. Der hochschulpolitische Sprecher der SPD hat andererseits die Verteidigung der Kuratorien angekündigt und eine Gesetzesänderung als indiskutabel bezeichnet. Es wird sich zeigen, wie weit man/frau sich auf diese Partei verlassen kann. Sybille Volkholz
MdA für das Bündnis 90/Grüne und ehemalige Schulsenatorin
Siehe auch Beitrag auf Seite 22
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