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Fröhliches Treibhaus der Soap Opera

■ Mozart auf und in Britisch: Das Music Theatre London gastiert mit seiner Figaro-Adaption in den Kammerspielen

gastiert mit seiner Figaro-Adaption in den Kammerspielen

Und dann kennt die Erregung Sir Cecils, Parlamentsmitglied der Tories und Junior Minister, keine Grenzen mehr: zitternd bringt er das Prachtexemplar seiner Panzermodellsammlung auf den schwarzbestrumpften Beinen des Hausmädchens Susanna auf volle Fahrt. Für fünfhundert englische Pfund - „check?“ „cash!“ - wird sie, sagt sie, endlich ihr Servierröckchen lüpfen und damit, weiß sie, ihren Bedränger in die Falle locken.

Mit dieser aparten Mischung von sex & crime warteten schon Mozart und Da Ponte auf, als sie vor zweihundert Jahren mit Figaros Hochzeit ihren Teil zur politischen Aufklärung beisteuerten. Doch während sex eine Konstante im menschlichen Ringen miteinander zu sein scheint, kennt crime offenbar viele Gesichter. Und heute, das ist klar, andere als anno dazumal. Jedenfalls hat sich das Music Theatre London just jenen Figaro vorgenommen, um ihn „aktuell und heutig“ zu machen. Mit Allround-Schauspielern, die Sänger mimen und aus der opera buffa eine rasante comedy im Zeitgewand machen.

Denn da ist sicher, gerade in der englischen upper class, einiges zu entdecken an subtilen Degenerationen, die dem Strafgesetzbuch gerade zupaß kommen. Good old England wie es liebt und lebt: Mozart auf und in englisch. Das Gastspiel in den Hamburger Kammerspielen versprach immerhin, daß dadurch die „Handlung tatsächlich stattfindet“ - (?). Gerade auf den aufklärerischen Aspekt wollte man nicht verzichten.

Aber heiter soll es bleiben! Und so johlte und trampelte denn die upper class Hamburgs ob des britischen Humors, der Mozart entschlackte wie der Synthesizer das Cembalo. An die Stelle der Rezitative sind hochaktuelle Dialoge getreten, die wir dank „TV and CD“ schon frühzeitig als pattern in die Großhirnrinde geimpft bekommen, und deren Wiederholung je einen todsicheren Lacher bringt. Ob diese Frischzellenkur der Oper als vollwertiger Ersatz für das fein austarierte Gefüge des Originals gelten kann, einmal dahingestellt. Jedenfalls ist aus der absolutistisch gefügten Wirklichkeit Mozarts das fröhliche Treibhaus einer Soap Opera- Welt geworden, in der das soziale up and down mehr eine Sache des Glücks als das des gesellschaftlichen Systems zu sein scheint.

In der Orchesterfassung für fünf Musiker wird denn auch die subtil charakterisierende Tonsprache Mozarts verwurschtet, übrig bleibt immerhin auch hier: ein Spaß. - Und apropos Spaß: reinen Gesangsgourmets ist die Aufführung nicht zu empfehlen. Es wird zwar - vor allem in den schwierigen Ensembles - recht sauber gesungen, doch kann das Resonanzvermögen eines wiederum überaus agilen Musicalsängers den Mozartvokalisten nicht ersetzen. Martin Koziullo

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