: SPD: Regierung will den „Verfassungsbruch“
■ Somalia-Einsatz der Bundeswehr weiter umstritten/ Lambsdorff: SPD soll klagen
Bonn (AFP) – Im Streit um die geplante Entsendung von 1.500 deutschen Soldaten nach Somalia haben die Bundesregierung und die SPD-Opposition am Wochenende ihre unterschiedlichen Positionen bekräftigt. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine versicherte, die SPD sei sofort bereit, humanitäre Hilfsleistungen der Bundeswehr mitzutragen, auch wenn die Soldaten zur Selbstverteidigung leicht bewaffnet würden. Voraussetzung sei jedoch eine Verfassungsänderung. Lafontaine sprach erneut von einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) und führende Koalitionspolitiker unterstrichen dagegen, die Aktion sei vom Grundgesetz gedeckt.
Lafontaine warf der Bundesregierung vor, „aus parteitaktischen Gründen den Verfassungsbruch“ zu wollen. „Das muß mit Hilfe des Verfassungsgerichts verhindert werden“, sagte der saarländische Ministerpräsident der Bild am Sonntag. Daß Deutschland in Somalia noch nicht dabei sei, verhindere die Regierung, weil sie dem SPD-Antrag auf Grundgesetzänderung für Blauhelm-Einsätze nicht zustimmen wolle. Die SPD sei jedoch gegen Kampfeinsätze zur Erreichung militärischer Ziele.
Rühe betonte, die Bundeswehr sei in Somalia nicht in der ersten Phase des internationalen Truppeneinsatzes dabei, in der es um friedenschaffende Kampfeinsätze gehe. „Das ist ein Einsatz von Soldaten für humanitäre Zwecke“, sagte der Minister dem Spiegel. Die deutschen Soldaten müßten sich jedoch selbst schützen können. In Gesprächen mit der Opposition wolle er „soviel Konsens wie möglich“ erreichen. Rühe sagte jedoch zugleich: „Wer verhungert, kann nicht aufs deutsche Verfassungsgericht warten.“ Eine auf UN-Blauhelm-Einsätze beschränkte Verfassungsänderung, wie sie die SPD fordert, lehnte der Minister erneut ab, weil es „immer öfter einen fließenden Übergang zu Kampfhandlungen“ gebe.
FDP-Chef Lambsdorff unterstrich, die Verfassungsexperten in den Bonner Ministerien für Inneres und Justiz hätten festgestellt, daß die jetzigen Beschlüsse sich im Rahmen des Grundgesetzes hielten. „Die SPD mag also zum Verfassungsgericht gehen, eine solche Klärung ist vielleicht sogar wünschenswert“, sagte Lambsdorff der Welt am Sonntag.
Verschiedene Politiker der Koalitionsparteien nahmen die Diskussion zum Anlaß, erneut die Abschaffung der Wehrpflicht zu fordern. Der FDP-Verteidigungsexperte Jürgen Koppelin, der CDU- Bundestagsabgeordnete Otto Hauser und der CSU-Verteidigungsexperte Benno Zierer sagten zur Begründung, Einsätze wie in Somalia seien nur mit Freiwilligen zu machen.
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