Wer hat Angst vor Zimbeln?

■ Birgit D. alias Zarganna ist Bremer Studentin und orientalische Tänzerin, die in die traditionelle Kunst des Zimbelns einweiht.

Mit Zimbeln an Zeigefinger und Daumen tanzte Salome vor Herodes ihren verführerischen Tanz, der ihr den Kopf des Täufers Johannes einbringen sollte. Engel zimbeln über den Wolken das „Halleluja“ und bringen damit die himmlischen Heerscharen ganz schön in Fahrt, auch wenn das in den Chroniken so nicht berichtet wird. Mit Zimbeln spielten König Davids Männer zum Fest auf. — Was ist das für ein Instrument, das die Bibel schon kennt?

Zarganna (mit bürgerlichem Namen Birgit D.) gibt Auskunft. Sie ist Studentin und seit zwei Jahren leidenschaftliche und gekonnte Bauchtänzerin, die in der Kunst des Zimbelschlagens unterrichtet. Zimbeln, oder auch : Sagats, das sind kleine metallische Becken, die, aufeinandergeschlagen, einen durchdringenden schwirrenden Ton ausstrahlen. Mit einem engen Gummi werden sie über Daumen und Zeigefinger jeder Hand gestreift. Und wenn Zarganna sie zu den geschmeidigen Bewegungen des orientalischen Bauchtanzes in einem überraschend heftigen Rhythmus ähnlich wie Castagnetten einsetzt, dann ahnt man, in welche Bewegung Zim

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Zarganna tanzt den Bauchtanz wie es sich gehört mit ZimbelnFoto: Tristan Vannkann

beltänzerinnen unter gegebenen Umständen ihre Zuschauerschaft stürzen können.

Zimbeln unterstützen den Rhythmus der Tanzmusik, sei es den agressiv-erotischen des tür

kischen Tanzes, sei es den sanften des arabischen. „Die meisten Frauen, die hier den Bauchtanz

lernen, haben Angst vor den Zimbeln“, sagt Zarganna, „weil sie so laut sind, und scheppern, wenn sie nicht sauber geschlagen werden. Man muß die Zimbeln sehr selbstbewußt spielen. Diese Angst ist Unsinn!" Anfangs muß man zwar mit gehörigem Muskelkater in den Handballen rechnen und die Fingerkuppen laufen unter dem starken Druck des Gummis blau an und kribbeln.

Bei ihrem ersten öffentlichen Zimbeltanz bekam Zarganna „das große Zittern“ und damit die beiden Becken nicht mehr schnell genug auseinander. Andererseits ist das Zimbeln ideal, um ein Verhältnis zum Rhythmus zu bekommen, die Musik durchschaubar zu machen und frei zu werden für einen erfinderischen Tanz.

Der orientalische Tanz („Eigentlich sollte man immerBauchtanz sagen", so Zarganna, „auch wenn das immer noch etwas anzüglich klingt") ist das erste Mal in den 50er Jahren als Modewelle aus Amerika rübergekommen. Seit einigen Jahren gibt es nicht nur überall Kursan-gebote (hauptsächlich für Frauen, obwohl in Algerien und Ägypten auch die Männer mit dem umgeschlungenen Hüfttuch tanzen), sondern auch Auftritte von Tänzerinnen bei privaten Festen aller Art sind sehr gefragt. Zarsanna hofft, damit bald ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Für einen Abend kann sie zwischen 250 und 350 Mark verlangen.

„Natürlich ist der Bauchtanz ein überaus erotischer Tanz“, sagt sie, „trotzdem begreife ich ihn als Kunstform. Gerade in alternativen Kreisen höre ich oft den Vorwurf, Bauchtanz sei eine Art Prostitution. Das ist Quatsch. Die Tänzerin will nicht, daß sie persönlich angemacht wird, sie stellt nur eine erotische Stimmung her.“

Klar — wenn doch sogar Engel zimbeln.

Cornelia Kurth

ab Januar '93 gibt Zarganna Zimbelunterricht im Brodelpott